Im Schatten von Peter Gabriel und Phil Collins steht der dritte Sänger von Genesis: Ray Wilson. Ausgesprochen schade.

von Friedrich W. Dittmann

Der Hinweis kam dieses Mal von Willy, meinem Kater. Er weckte mich letzten Sonntag mit einer bisher vernachlässigten Doppel-CD.

> Du lebst im Tal der Ahnungslosen, Alter Mann. Wenn du von den Sängern von Genesis erzählst, höre ich immer nur Peter Gabriel und Phil Collins. Darf ich vorstellen: Mister Ray Wilson <

Irgendwie hatte der Vogel ausnahmsweise Recht. Peter Gabriel, der Geniale, gehört bei uns in die oberste Schublade. Phil Collins hat uns eigentlich wenig interessiert. Die Diskussion, ob Gabriel oder Collins hatte bei den Fans die gleiche Qualität wie jene zwischen den Beatles und den Stones. Bei der ebenso sinnlosen wie subjektiven Diskussion wurde eins schlichtweg übersehen. Da war noch einer, ein dritter Sänger bei Genesis, und zwar von 1997 bis 1999: Ray Wilson. Und das ist ein verdammt guter.

Ein schottischer Rocksänger, geboren 1968 in Dumfries, Schottland. Bevor er zu Genesis kam, spielte er in der schottischen Band Stiltskin. Den einzigen Hit „Inside“ verdankte die Band der Verwendung als Werbespot für Jeans (Levi’s 50).

Genesis löste sich Ende der 90er auf und die Reunion-Tour 2007 fand ohne Wilson statt. Phil Collins hatte etwas dagegen. So setzte er seine erfolgreiche Solokarriere fort, lediglich unterbrochen durch einige Auftritte bei der Steve Hacket Genesis Revisited Tour 2013.

Wer Zugang zu den Songs von Ray Wilson finden will, fange mit dem Album „Song for a friend“ (2016) und dem fantastischen Titelsong an. Eine wunderbare emotionale Stimme und zur Welt gekommen mit einem enormen Talent für bewegende Melodien.

Wer angefixt ist, kann sich dem Live Doppelalbum „Time and Distance“ von 2017 nähern. Das enthält 2 Discs mit insgesamt 25 Stücken, teilweise Coverversionen alter Genesis-Titel, u.a. „Carpet Crawlers“, „Follow you, follow me“ und „Mama“. Eigentlich sind alle Aufnahmen auf der Scheibe gut. Hervorzuheben wären jeweils die ersten Stücke auf beiden Cds „Calling all Stations“ und „Alone“.

> Calling all stations. Can anybody tell me, tell me exactly where I am. I've lost all sense of direction, watching the darkness closing around me. Feeling the cold all through my body. That's why I'm calling all stations, in the hope that someone hears me, a single lonely voice <

Kater und Kolumnist können dem Mann stundenlang zuhören. Es lohnt sich auf alle Fälle. Versprochen.