Die neue Kolumne von Dirk Hoeren ist hier!

Koblenz | von Dirk Hoeren

So soll sie also aussehen, die Zukunft unserer Seilbahn. Ziemlich kantig statt wolkig geschwungen. Zwei neue Stationen, eine im Tal, eine auf dem Festungsplateau. Sechs Monate Umbauzeit. Und das alles nur, weil die Unesco sich am Anblick der bisherigen Architektur stört. Muss das wirklich sein?

Seit Jahren liegt uns die Kulturorganisation der Vereinten Nationen in den Ohren. Vor allem die Talstation direkt am Rheinufer vor der Kastor-Basilika geht den Lordsiegelbewahrern der Kultur gegen den Strich. Weil „Blickbeziehungen“ zu den historischen Bauten gestört würden. Das ging so weit, dass sie uns sogar mit dem Entzug des Titel „Unesco Welterbe“ drohten, wenn die Seilbahn nicht bis 2026 wieder abgebaut würde. Geht’s noch? Oder, um es im Fußballer-Sprech zu sagen: Was erlaube Unesco?


Fakt ist: Die Seilbahn gehört seit der Buga 2011 zu Koblenz wie Rhein und Mosel. Die 18 Kabinen für je 35 Personen sind den Koblenzern ans Herz gewachsen. Und die Seilbahn-Stationen auch. Wer vom Weindorf kommt, blickt auf die geschwungene Dachkonstruktion. Mich erinnert sie immer an eine Wolke. Und schließlich fährt man die 890 Seilbahn-Meter vom Deutschen Eck auch Richtung Himmel auf die Festung. In Zukunft ist Schluss mit wolkig. Stattdessen wirkt die neue Dachkonstruktion viereckig geschwungen. Anders gesagt: Das Runde muss ins Eckige . . .
So schlägt es jedenfalls das norwegische Architektur- und Designbüro Snøhetta vor, das mit seinem Entwurf die Koblenzer Fachjury überzeugt hat. Das Dach der Talstation soll aus grünlich glänzenden Metallschindeln bestehen. Reflexionen und Licht-Schatten-Spiele inklusive. Immerhin, die Kosten für den Umbau trägt der Betreiber der Seilbahn, die österreichische Firma Doppelmayr. Sie betreibt weltweit 15.600 Seilbahnen. Jeder Skifahrer kennt die Lift- und Gondel-Company.


Die Frage ist jetzt nur: Gibt sich die feine Unesco mit dem architektonischen Neustart der Koblenzer Seilbahn zufrieden? Ich fürchte, der Seiltanz um die Seilbahn geht weiter. Die Bedenkenträger der UN werden weiter nörgeln. Denn die zukünftig eckige Talstation steht weiter direkt neben Sankt Kastor. Und der Blick vom Rheinufer aus bleibt eingeschränkt. Aber Hand aufs Herz: Wen stört’s? Es ist eh nur die Hinteransicht der Basilika, die zum Teil von Bäumen verdeckt ist. Und wer sich die Kirche ansehen will, geht sowieso ums Eck zum Haupteingang am Kastorhof.


Bin mal gespannt, was die Nörgler aus Paris den Koblenzern diesmal ins Stammbuch schreiben. In ihren bisherigen Berichten zum Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal haben sie ziemlich abgedrückt. So sollten die Güterzüge nur noch mit maximal 50 Stundenkilometern zwischen Rüdesheim und Koblenz rollen. Braubach soll eine Umgehungsstraße bekommen. Selbst in die geplante Umwandlung des Geländes der ehemaligen Königsbacher-Brauerei mischen sich die Unesco-Besserwisser ein. Wenn es nach ihnen geht, muss das Königsbacher-Hochaus mit dem riesigen Biertank komplett abgerissen und der Bebauungsplan der Stadt revidiert werden.


Ziemlich heftiger Tobak von den Damen und Herren Kulturexperten aus Paris. Warum muss eine internationale Organisation aus der Ferne bis ins Kleingedruckte von Bauplänen hinein regieren? Sind die Koblenzer etwa nicht kulturbeflissen genug? Natürlich hängt das Damoklesschwert eines Entzugs des Weltkulturerbe-Titels über der Stadt und dem Rheintal. Aber ob die Unesco damit wirklich ernst machen würde?


Im übrigen: Wenn sie uns den Titel entziehen, gehen die Welt und Koblenz auch nicht unter. Bisher hat die Unesco ihre Drohungen erst einmal wahr gemacht - beim Dresdner Elbtal. Dort hatten sich die Kommunalpolitiker trotz der Warnungen aus Paris für den Bau der Waldschlössschenbrücke entschieden. Damit war der 2004 verliehene Weltkulturerbe-Titel schon 2009 wieder futsch. Aber: Dem Tourismus hat der Entzug nicht geschadet. Fünf Jahre danach waren die Gästezahlen sogar um 40 Prozent gestiegen. Ich wage die Prognose: Auch Koblenz würde den Titel-Entzug wegstecken. Die Touris, die nur des Welterbe-Titels wegen anreisen, kann man an einer Hand abzählen.


Was der Fall Dresden eindrucksvoll zeigt: Die Unesco sollte sich nicht wichtiger nehmen als sie ist. Und Koblenz sollte sich nicht selbst klein machen. Über unsere Seilbahn können wir selbst entscheiden.