In seiner neuen Kolumne wirft Dirk Hoeren einen Blick hinter die Kulissen der Beamtenstadt Koblenz und zeigt, wo die millionenfachen Gehaltsausgaben hinfließen.

von Dirk Hoeren

Die Summe ist heftig. 136,7 Millionen Euro. So viel gibt die Stadt in diesem Jahr für ihr Personal aus. Für Beamte, Angestellte, Arbeiter und Pensionäre. Koblenz macht seinem Ruf als Beamtenstadt alle Ehre. Höchste Zeit, mal hinter die Kulissen zu schauen.

Auf den ersten Blick sieht es idyllisch aus, unser Rathaus. Weißgetünchter Altbau mit bunten Blumenkästen, direkt am Schängelbrunnen. Aber hier im historischen Gemäuer gehen die wenigsten der Koblenzer Staatsdiener ihrem Broterwerb nach.

Die meisten sind nebenan im Hochhaus am Schängelcenter untergebracht. Und das sieht - mit Verlaub - ziemlich abtörnend aus. Viel Beton, blassblaue Fassade mit senkrechten Metallstangen. Gefängnis-Optik. Wer sich dem offiziellen Eingang von der Rathaus-Passage aus nähert, für den macht der Begriff „Beamten-Silo“ plötzlich Sinn. Vielleicht ein Grund für den mürrischen Gesichtsausdruck, der einem Bürger beim Besuch in einer der Amtsstuben immer wieder begegnet.

Was soll man auch von Beschäftigten erwarten, denen sich dieser deprimierende Anblick jeden Morgen beim Betreten des Arbeitsplatzes bietet . . .

Insgesamt 2265 Arbeitsstellen weist der Haushaltsplan der Stadt in diesem Jahr aus - das sind 388 mehr als noch vor zehn Jahren. Allein die Beschäftigtenzahl der Kernverwaltung - also ohne die Eigenbetriebe  - ist in diesem Zeitraum von 1346 auf 1676 gestiegen. Ein Plus um 24,5 Prozent! 

Schade nur, dass die Bürger nichts von dem Beschäftigten-Zuwachs bei der Verwaltung spüren. Vorbei die Zeiten, als man spontan beim Beamten seines Vertrauens mal eben vorbeischauen konnte. Anmeldung, Ummeldung, neuer Pass - einfach zum Standesamt und fertig. Wer heute wegen eines banalen Vorgangs zum Amt will, muss den Termin Wochen vorher online buchen. 

Das muss man den Einwohnern mal erklären: Dass die Stadt ihren Personalbestand um ein Viertel erhöht hat, sie aber erst in zwei Wochen einen Termin für eine Ummeldung nach einem Umzug innerhalb von Koblenz erhalten. Vom Termin-Chaos bei der Kfz-Zulassungsstelle ganz zu schweigen. Wer heute sein Auto verkauft und sich einen anderen Gebrauchtwagen zulegt, muss wochenlang mit dem Bus fahren, bis sich die Verwaltung endlich zu einem Termin für die Zulassung bequemt. 

Klar, früher war es auch nicht gerade angenehm in der Zulassungsstelle in der Blücherstraße. Da galt das Windhund-Prinzip. Wer sich nicht gerade beim ersten Hahnenschrei aus dem Bett geschält hatte, musste warten. Aber am Ende des Vormittags konnte man mit dem neu zugelassenen Wagen davon rollen.

Vielleicht sind die Damen und Herren Stadt-Diener ja auch zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Immerhin 324 Mitarbeiter sind nur für die sogenannte „Innere Verwaltung“ zuständig. Für Personalangelegenheiten, Gleichstellung, Rechnungsprüfung. Sie verwalten sich also selbst. Dagegen sind nur 37 im Bereich „Bürgerdienste“ eingesetzt. Noch Fragen?

Ach ja, da gibt es noch eine interessante Zahl: Die Stadtverwaltung (inklusive Schulen) hat im vergangenen Jahr 16,05 Millionen Blatt DIN A4-Papier verbraucht - 1,33 Millionen mehr als im Vorjahr. Und ich dachte, Koblenz wäre eine Smart-City und im Digital-Zeitalter angekommen . . .

Kein Wunder, dass die Ausgaben fürs Personal aus dem Ruder laufen. Der Stadtrat beschäftigt ich gerade mit einer übermäßigen Auszahlung im Jahr 2023 in Höhe von 5,3 Millionen Euro - für „Personal- und Versorgungsaufwendungen“. Als Ursache nennt die Verwaltung u.a. den hohen Tarifabschluss im vergangenen Jahr und die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie. Die bekamen übrigens anteilmäßig auch die pensionierten Beamten der Stadt.

Da passt es, dass auch bei den Versorgungsausgaben ein finanzieller Nachschlag von 300.000 Euro aus dem Stadtsäckel nötig wurde. 314 ehemalige städtische Beamte und ihre Hinterbliebenen beziehen inzwischen eine Pension der Stadt, 22 mehr als im Vorjahr. Es ist die höchste Zahl aller Zeiten.

Und eins steht jetzt schon fest: Wenn die Zahl der Beschäftigten in der Stadtverwaltung weiter so rasant steigt, werden auch die Versorgungsausgaben drastisch zulegen. 

Jeder vierte Euro Ausgaben der Stadt geht inzwischen fürs Personal drauf. Die Koblenzer Beamten sind eben nicht nur treue, sondern auch teure Staatsdiener . . .