Koblenz hat es jetzt schwarz auf weiß: In der Stadt ist es zu laut! Auf 132 Seiten hat ein Stadtplanungsbüro ausgebreitet, was jedem Bewohner und Besucher längst klar ist: In Koblenz ist mehr Krach als auf dem Dorf.

Koblenz | von Dirk Hoeren

Für den neuen Lärmaktionsplan hat die Verwaltung 100.000 Euro im Haushalt eingeplant. Und was passiert mit dem umfangreichen Report? Er landet in den Schubladen der Verwaltung. Wiedervorlage in vier Jahren beim nächsten Lärm-Bericht.

So war es jedenfalls auch beim letzten Mal. Schon 2016 stellte der damalige Lärmaktionsplan fest, dass es - oh Wunder - an den Durchgangsstraßen in Koblenz laut ist. Schon damals wurde deshalb z.B. Tempo 30 in der Hohenzollernstraße, Aachener Straße, im Brenderweg und der Pfuhlgasse vorgeschlagen. Passiert ist: NICHTS.

Der neue „Lärmaktionsplan Runde 4“ empfiehlt nun mit „Priorität“ wieder Tempo 30 für zahlreiche Straßen. Betroffen sind u.a.: Hohenzollernstraße, An der Moselbrücke, Rübenacher Straße, Charlottenstraße, Trierer bzw. Mayener Straße, Moselring/Friedrich-Ebert Ring (nachts), Viktoriastraße/Görgenstraße, Löhrstraße, Pfuhlgasse. Also alles Durchgangsstraßen, bei denen auch ohne Aktionsplan klar sein dürfte: Da ist es laut! Für die Tempo-30-Zonen müssten laut Bericht übrigens sage und schreibe 108 neue Schilder aufgestellt werden. Kostenpunkt: 147.900 Euro.

Dabei räumen die Experten unumwunden ein, dass es auch bei Tempo 30 nicht viel ruhiger wird. Der Lärm-Unterschied zwischen Tempo 50 und 30 betrage nur 2,5 Dezibel. Eine Größenordnung, die mit dem menschlichen Ohr gerade so wahrnehmbar ist. Ganz abgesehen davon, dass die Autofahrer froh wären, wenn sie in verkehrsreichen Zeiten überhaupt mit Tempo 30 vorankämen.

Stolz verkünden die Macher des Plans, dass sie die Bürger eingebunden haben. Immerhin seien nach ihren Berechnungen in Koblenz 37.000 Einwohner von Lärm ab 55 Dezibel betroffen. Das ist ein Wert, der zwischen dem Geräuschpegel eines starken Regens (50) und einem Gespräch (60) liegt. Komischerweise kamen von den Tausenden Betroffenen im Juni 2023 nur ganze 14 Bürger zu einem Lärmforum ins Rathaus. So groß scheint das Problem mit dem Krach also nicht zu sein. In einer Online-Befragung beschwerten sich zudem mehr Bürger über Party- und Eventlärm als über das Dauerbrummen des Autoverkehrs.

Trotzdem wollen die Lärm-Planer genau wissen, wie stark die Dauerberieselung mit dem Lärm des Straßenverkehrs die Bürger krank macht. Nach ihren Schätzungen sind in Koblenz darauf 13 Fälle von Herzkrankheiten und 1641 Fälle von starken Schlafstörungen zurückzuführen. Ich wüsste gerne, nach welcher Formel die Experten das berechnet haben. Und wieviel Pi mal Daumen in diesen Zahlen stecken. Ich habe jedenfalls noch nie von einem Lärm-Herz gehört.

Halten wir also fest: Da werden 100.000 Euro veranschlagt für einen Aktionsplan zu einem Problem, für das sich kaum jemand interessiert, und der anschließend in der Ablage landet. Man könnte auch sagen: Viel Lärm um nichts.

Wozu dann der ganze Zinnober? Weil es die EU so will. Schon 2022 wurde von den Eurokraten in Brüssel die Umgebungslärmrichtlinie erlassen. Der Bund hat die Vorgaben 2005 in das Bundesimmissionsschutzgesetz aufgenommen. Und seither müssen die Ballungsräume Lärmaktionspläne aufstellen.

Das Problem ist nur, dass es bundesweit zu wenige Experten gibt, die solch umfangreiche Berichte erstellen können. Die haben dank der EU jetzt auf Jahre ein sicheres Auskommen, aber die Städte haben die Kosten und Arbeit. Die Mitarbeiter jn den Kommunalverwaltungen können einem nur leidtun, dass sie diese Überbürokratie Marke EU ausbaden müssen.

Und die Bürger wären froh, wenn sich die Beamten mehr um sie kümmern könnten als für Brüssel viel teures Papier produzieren zu müssen.