Hallerbach sagt: "Schülerverkehr in Corona-Pandemie muss entzerrt werden"...

Neuwied |

Seit vergangener Woche läuft die Schule in Rheinland-Pfalz wieder im Regelbetrieb. Das Lernen unter Corona-Bedingungen hat sich, wie es scheint, im Landkreis Neuwied gut eingependelt. Nachbessern müsse das Land aber spürbar bei den Rahmenbedingungen für die Schülerbeförderung. Grund genug für Landrat Achim Hallerbach, bei Ministerpräsidentin Malu Dreyer 30 der sogenannten Verstärkerbusse und Fahrer für den Schülerverkehr aus dem Bus-Pool des Landes für den Landkreis Neuwied zu ordern. Diesen Pool hat die Landesregierung, auf den großen Druck aus den Landkreisen hin, nunmehr eingesetzt.

„Dass der Schulbetrieb am 17. August wieder losgehen würde, war lange im Vorfeld bekannt. Für uns als Schulträger war es wichtig, hier alles in unserer Macht Stehende zu tun, um größtmögliche Sicherheit für die Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und die gesamte Schulgemeinschaft zu schaffen“, beschreibt Landrat Achim Hallerbach die akribische Vorbereitung auf das Schuljahr 2020/21. „Es ist absurd, dass wir in den Schulen Hygienekonzepte realisieren, mit Abstandsregeln und sichergestellter Belüftung, bauliche Maßnahmen in den Sporthallen und Schulen umsetzen, und gleichzeitig in Bus und Bahn auf dem Schulweg dichtes Gedränge herrscht“, bringt der Landrat seine Irritation auf den Punkt. „Überfüllte Busse und Züge, Eltern, die ihre Kinder aus Sorge nicht zusteigen lassen, Fenster, die sich nicht öffnen lassen und beschlagene Scheiben. Das sind die Berichte der Eltern, die mich sorgen aber auch wütend machen. Wir sind seit März in einer Pandemie.“

Den Schülerverkehr, auch in gesunden Zeiten ein sensibles Thema, ordentlich aufzustellen, hat das Land nach Meinung des Landrats „verschlafen“ - auf Kosten der Gesundheit der Kinder. „Ich habe großes Verständnis für die Eltern, die sich um die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln im Schülerverkehr sorgen. Dass sie sich zunächst einmal an uns als zuständige Stelle für die Schülerbeförderung wenden, ist auch verständlich. Allerdings liegt die Lösung des Problems nicht in unserer Macht. Abhilfe muss nun vom Land kommen. Und das schnell. Uns sind die Hände gebunden. Die Zeit drängt“, appelliert der Landrat an die Landesregierung. Gesetzliche Festlegungen des Landes regeln im Schul- und Nahverkehrsgesetz die Beförderung der Schüler und Schülerinnen im ÖPNV. Die Landkreise können also nur in den seltensten Fällen Einfluss auf die Zahl der Steh- und Sitzplätze nehmen. Zusätzliche „Verstärkerfahrten“ können die Kreise nicht in Eigenregie vergeben. Hierfür fehlt ihnen der finanzielle Spielraum. Auch das Infektionsschutzgesetz gibt für die Personenbeförderung keine Vorgaben, die den Handlungsspielraum der Kreise erweitern würden. „Es ist mir ein Rätsel, wie das Land die 250 Busse, die zusätzlich eingesetzt werden sollen, auf die Kreise verteilt. Das scheint mir eine „Zugabe in absolut homöopathischen Dosen“ zu sein“, blickt der Landrat angespannt auf die nächsten Tage und darauf, wie viele zusätzliche Busse tatsächlich dem Kreis zugestanden werden.

Umsetzungsschwierigkeiten zeichnen sich bereits jetzt ab. Von den 250 zugesagten Bussen, seien bislang erst 170 Busse vom Wirtschaftsminister besorgt worden. Und nunmehr müsse das Land auch noch „Kriterien zur Verteilung der Busse“ entwickeln. Jetzt sei vor allem Ehrlichkeit und Verlässlichkeit der Landesregierung gefragt. Es müsse endlich eine längerfristige Lösung für diese Herausforderung geschaffen werden. An die Fachabteilung im Kreishaus hat der Landrat einen weiteren Arbeitsauftrag gegeben. In Kooperation mit den lokalen Beförderungsunternehmen sollen Ressourcen und Vorverhandlungen geführt werden. Sollten hier Möglichkeiten für Verstärkerfahrten bestehen, dann müsse das Land auch dafür, für Busse und Personal, die 90-prozentige Kostenübernahme zusagen. „Unsere Hoffnung liegt nun darauf, dass wir, mit einer der größten Landkreise in Rheinland-Pfalz, in angemessener Art und Weise von den sogenannten „Verstärkerbussen“ profitieren. Ich habe bereits 30 zusätzliche Schülerbusse bei der Ministerpräsidentin angefordert – und die nötigen Fahrer gleich mit, denn ohne die helfen uns auch keine zusätzlichen Busse“, betont der Landrat.

Dass Busfahrer seit Jahren Mangelware auf dem Berufsmarkt sind, sei kein Geheimnis. Eine deutliche Kritik richtet der Neuwieder Landrat auch an Bildungsministerin Dr. Hubig. Als „realitätsfremd und ungerecht“ bezeichnet er die derzeitige Regelung, dass der Busfahrer Schülerinnen und Schüler ohne Mund-Nasen-Schutz trotzdem mitnehmen muss, normale Fahrgäste hingegen bei fehlendem Mund-Nasen-Schutz von der Fahrt in Bus und Bahn ausgeschlossen werden und mit einem Bußgeld rechnen müssen. „Wer sich jetzt noch dieser Maskenpflicht verweigere, müsse auch die Konsequenzen tragen – ohne Wenn und Aber,“ unterstreicht Hallerbach. „Dass es – wie in jedem Jahr – ein bis zwei Wochen nach Schulbeginn dauert, bis sich der Schülerverkehr einpendelt, ist übrigens ein Erfahrungswert. Nur in diesem Jahr ist die Situation durch die Corona-Pandemie stark geprägt. Unsere Fachabteilung begleitet das Thema engmaschig und macht sich vor Ort ein Bild von Situationen, die uns als problematisch geschildert werden. Dazu kommen viele Anfragen von Eltern, die sich bei uns nach den jeweiligen Busfahrzeiten erkundigen. Die können sie auch ganz leicht dem Fahrplan entnehmen, auf der Homepage des Unternehmens oder des Verkehrsverbundes (VRM) einsehen,“ empfiehlt der Landrat.