Das Oberlandesgericht sprach das Urteil wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit und wegen Mordes aus.

Koblenz |

Der 1. Strafsenat - Staatsschutzsenat - des Oberlandesgerichts Koblenz hat heute den 58 Jahre alten syrischen Staatsangehörigen Anwar R. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Angeklagte soll für Folterungen in einem syrischen Gefängnis verantwortlich gewesen sein.

Wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Form von Tötung, Folter, schwerwiegender Freiheitsberaubung, Vergewaltigung und sexueller Nötigung in Tateinheit mit Mord in 27 Fällen, gefährlicher Körperverletzung in 25 Fällen, besonders schwerer Vergewaltigung, sexueller Nötigung in zwei Fällen, über eine Woche dauernder Freiheitsberaubung in 14 Fällen, Geiselnahme in zwei Fällen und sexuellen Missbrauchs von Gefangenen in drei Fällen, wurde die Strafe ausgesprochen. Das angebliche Verbrechen begang Anwar R. als mutmaßlicher Befehlshaber eines Gefängnisses in der syrischen Hauptstadt Damaskus zwischen April 2011 und September 2012.

Es handelt sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft um den weltweit ersten Prozess um staatlich angeordnete Folter in Syrien. Das international beobachtete Verfahren umfasste mehr als 100 Verhandlungstage. Der Prozess vor dem Oberlandesgericht Koblenz hatte im April 2020 begonnen - damals gegen zwei Angeklagte. Bereits im Februar 2021 wurde Eyad A. zu viereinhalb Jahren Haft wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Er hatte nach Überzeugung der Richter 2011 in Syrien dazu beigetragen, 30 Demonstranten des Arabischen Frühlings in das Foltergefängnis des Hauptangeklagten Anwar R. zu bringen. Über die Revision von Eyad A. gegen sein Urteil ist noch nicht entschieden.

Anwar R. und seine Verteidiger haben derweil auf Freispruch plädiert. Ihm sei gesagt worden, die gefangenen Demonstranten seien Terroristen. Seine Vorgesetzten hätten die Opposition "vernichten" wollen. Der Angeklagte hätte dies nicht befürwortet und keine Befehle zu Folterungen erteilt. Stattdessen setzte er sich für Freilassungen ein, was Zeugen bestätigt haben sollen. Er habe insgeheim mit der syrischen Opposition sympathisiert und sie nach der Flucht aus seiner Heimat unterstützt.

Nach ihrer Flucht nach Deutschland wurden Anwar R. und Eyad A. von mutmaßlichen Folteropfern erkannt und im Februar 2019 in Berlin und Zweibrücken festgenommen worden. Im Prozess berichteten die Zeugen ausführlich, wie sie in dem Gefängnis in Damaskus gefoltert worden waren.