Niemand hat damals auch nur annähernd so gedacht. Im Gegenteil: alle, die etwas für diese Sportart übrig hatten, genossen die Situation, dass in Mendig, nicht in Berlin oder Friedrichshafen, Bundesliga gespielt wurde. Ein Moment, der etwas von Einzigartigkeit an sich hatte. Bei jedem Spiel eine ausverkaufte Halle, die besten Spieler Deutschlands in Mendig, unfassbare Atmosphäre. Und alles machten sie selbst im Verein: die Werbung in der Halle, den Bierverkauf, den Kuchen und sie allein waren auch dafür verantwortlich, dass sich die Gäste in Mendig wohlfühlten.
Was machte es da schon aus, dass man 1996/97 nach einem Jahr in Liga 1 wieder abstieg. Jahrelang waren sie in Mendig im Jugendbereich Meister geworden. Alles im regionalen Bereich räumten sie ab. Und auch national kam man ins Schwärmen, wenn über das gesprochen wurde, was in Mendig geschah. In der Schule, im Verein, immer rund um diesen kleinen, etwas fülligen Mann namens Kurt Müller. Lehrer war er, später für den Schulsport in der Region zuständig, ein Kämpfer für den Schulsport, einer der Letzten, die das noch taten. Und Volleyball mochte er, der Mendiger, der in Bell lebt. Und eines war er auch: eitel genug, um erfolgreich zu sein.
Deshalb muss ihn der Abstieg gewurmt haben. Mendig stieg 1998 wieder auf. Die Mannschaft wurde personell immer besser, etwa mit Milan Kocian, der aus der Slowakei gekommen war. Mit dabei aber auch und einer der Besten, Sascha Monschauer, heute Vorstandsvorsitzender einer großen Bank in der Region. Bis 2005 blieb der VC Mendig in der Bundesliga. Dann zieht man sich zurück. Jahrelang kämpfte der Verein um das finanzielle Überleben, wohl wissend, dass die Ressourcen in der Region nicht unendlich sind. Eines wollte Kurt Müller nicht: Schulden machen, für den Verein oder gar in die Insolvenz gehen, eine unschöne Entwicklung, die viele Vereine auch kennen. Mendig steigt 2005 freiwillig ab, geht in die Regionalliga und steigt dann wieder in die Zweite Bundesliga auf. 2011 wird man hier Meister und geht doch nicht wieder nach oben. Sondern in die Regionalliga.
Es geht jetzt nur noch um das Spiel, nicht mehr um den Traum von der Liga ganz oben. Oder dem Traum von Europa. Gespielt wird in Mendig heute immer noch. Auch wenn die Gegner nicht mehr aus Berlin oder Friedrichshafen kommen. Alles vorbei. Aber niemand kann ihnen die Erinnerung an große Jahre nehmen. Als eine Sportart, die bei den Olympischen Spielen 1972 so richtig explodierte und gerade erst bei den Olympischen Spielen von Paris faszinierte, Mendig verzauberte. Noch länger als „Rock am Ring“. Und intensiver.
Macher Müller lebt mit Ehefrau Edith in Bell. Wenn man mit ihm spricht, redet er vom Volleyball. Er war der Vater eines unvergleichlichen Sportwunders in unserer Region.