Das Bundesarbeitsgericht öffnet, wie letzte Woche berichtet, dem Arbeitgeber durchaus Optionen, den Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgreich zu erschüttern.

Diesen Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt dem Arbeitgeber dies, muss wiederum der oder die Beschäftigte substantiiert darlegen und beweisen, dass er oder sie tatsächlich arbeitsunfähig war. Dieser Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht erfolgen. Das kann dann deutlich nach hinten losgehen, wenn die Aussage des Arztes nicht schlüssig ist.

Einzelfälle denkbarer Zweifel an der Richtigkeit der AU-Bescheinigung

In dem entschiedenen Fall begründete das passgenaue Zusammentreffen der Kündigungsfrist mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit die ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit.

Das gleiche kann bei einer häufig wiederholten Krankmeldung mit jeweils neuen Erstbescheinigungen, in der Regel durch verschiedene Ärzte angenommen werden (Wiederholungserkrankung) oder bei Zweifeln an Folgebescheinigungen, bei denen in Wirklichkeit neue Erkrankungen während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit aufgetreten sind (Fortsetzungserkrankung), die keine Lohnfortzahlung jenseits der 6 Wochen auslösen können. 

Denkbar sind auch Fälle, wo der Arbeitnehmer während der Krankmeldung anderen Arbeiten nachgeht oder bei angekündigter Krankheit. Geht der Arbeitnehmer während der belegten Arbeitsunfähigkeit anderen Tätigkeiten nach, kommt er nur dann nicht in Schwierigkeiten, wenn er durch den Arzt nachweist, dass der Heilungsverlauf durch die Tätigkeit in keiner Weise beeinträchtigt wird. Ansonsten kann das Verhalten neben der Zahlungseinstellung eine Kündigung nach sich ziehen. Auch bei einer angekündigten Krankheit muss der Arbeitnehmer mit einer fristlosen Kündigung rechnen und zwar selbst dann, wenn er zufällig tatsächlich wirklich erkrankt. 

Auskunftspflichten bei Recherchemaßnahmen

Es ist durchaus legitim, wenn der Arbeitgeber den behandelnden Atzt anschreibt, um zu erfahren, ob eine Fortsetzungserkrankung vorliegt oder nicht und auch, um zu erfahren, ob der Arzt die arbeitsplatzbezogene Untersuchung vorgenommen hat. Selbstverständlich muss der Arzt keine Diagnosen mitteilen, da das der Schweigepflicht unterliegt, aber die sonstigen Fakten sind mitzuteilen, sonst gerät der Arbeitnehmer in Beweisnot.

Fazit: Der hohe Krankenstand führt nicht nur zu wirtschaftlichen Schäden, sondern auch zu Mehrarbeit für Kollegen, die wenig krank sind. Allein, wenn tatsächlich eine Erkrankung vorliegt, sollte ein Arbeitnehmer sich angemessen schonen und zuhause zu bleiben.

Der Autor ist Partner der Kanzlei Dittmann & Hartmann in Mayen