Anja Müller, 58, seit einem Vierteljahrhundert in Ettringen daheim, da wo man den Hochsimmer im Nacken spüren kann. Sie ist verheiratet und liebt dazu ihre Kunst. Ihr Material ist Beton. Das erinnert mich daran, dass in meiner Fußballzeit beim SV Grün-Weiß Allenz-Berresheim die Spiele auf dem Berg in Ettringen immer auch etwas mit Beton zu tun hatte. Derb ging es zu und das Filigrane trat in den Hintergrund.
In Eitelborn auf dem Westerwald wurde Anja Müller geboren. Die Mutter inspirierte sie, es war ihre Vielfalt an künstlerischem Tun, die wegweisend für die Tochter wurde. Auch der Vater beherrschte eine Kunst, die des Turnens. Lothar Stein war ein exzellenter Turner und später rund zwei Jahrzehnte ein prägender Faktor als Geschäftsführer des Turnverbandes Mittelrhein. Turnen war für Vater Lothar das Maß aller Dinge, praktisch und ideologisch. Da konnte man schon von dem Material sprechen, das die Tochter später so einzigartig zum Mittelpunkt ihrer Kunst machte. Beton anmischen konnte auch schon der Vater.
Augenoptikerin lernte Anja Müller, das hilft ihrem Blick für das Schöne. Danach kam eine kaufmännische Ausbildung, dann folgten 15 Jahre Teamassistenz in einer Werbeagentur und seit nun 12 Jahren ist sie ein Gesicht in der Unternehmenskommunikation der KSK Mayen. Mainz und das Münsterland waren Lebensstationen, bevor Ettringen zur Zieletappe wurde. Vor 30 Jahren begann sie mit ihrer Kunst. Ersten Versuchen mit Malen folgte bald die gestalterische Kunst, die ihr mehr lag. Von Beginn an. Sie entwickelte eigene Mischungen für ihre Figuren und landete im Umfeld des Ettringer Basalts beim Beton. Es begann mit kleinen Figuren und es scheint, dass mit der immer größeren Wahrnehmung ihrer Arbeit auch die Figuren wuchsen. Lebensgroße Menschen wurden daraus, manchmal auch etwas größer, etwas dicker oder dünner, immer erkennbar und begreifbar, nicht surreal, sondern verständlich, Freundliche Figuren und spöttisch dreinblickende, solche mit einem langen und verdrehten Hals und andere, die nachdenklich auf einer Bank sitzend nach unten schauen. Anja Müller beschreibt Menschen und stellt sie in ihren Garten oder den der Nachbarschaft und jeder kann es sehen: so sind wir. Wer es anders haben möchte, der schaue sich um.
Ettringen ist Heimat geworden für die Westerwälderin. Hier ist sie engagierte Vorsitzende des Kulturellen Förderkreises Ettringen. Und da bringt sie sich ein. Sie fördert und fordert, gestaltet, macht den Ort lebendiger. Sport liebt sie und eben ihre Heimat. Sie sei in der Gemeinde schon lange angekommen und sie tue Ettringen gut, sagt mir einer, den ich auf Anja Müller anspreche. Fast habe ich das Gefühl, als hätte ich früher schon einmal gegen ihn Fußball spielen müssen.
Zehn Ausstellungen mit ihrer Kunst liegen hinter Anja Müller und viele weitere werden folgen, die nächste am 16./17. März von 11 bis 18 Uhr im Gemeindehaus in Ettringen. Womöglich wird sie sich noch weiter entwickeln und aus menschgroßen Figuren werden übermenschliche. Dann muss der Garten mitwachsen. An ihrer Art von Kunst, das Leben und die Menschen zu zeigen, wird sich nichts ändern. Dass sie der Region guttut ist das eine, dass ihre Kunst über den Moment hinaus wirkt, ist noch wichtiger.
Anja Müller schafft Glücksmomente, die ein Zustand der Seele sind.