Nostalgie-Trip in die Karibik
Das Ende einer Ära
Nach 30 Jahren markiert FIFA 23 das Ende der Zusammenarbeit zwischen dem Weltverband des Fußballs und Publisher Electronic Arts mit seinem Label EA Sports. Der Grund: Man kam bei den Lizenzverhandlungen nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Und so wird in Zukunft das offizielle FIFA-Fußballspiel bei einem oder mehreren anderen Entwicklern entstehen – wo genau, ist bisher noch nicht bekannt. Electronic Arts will das Leder nach den Entscheidung aber keinesfalls an den Haken hängen, sondern das Kicker-Erbe in Zukunft unter dem Namen EA Sports FC weiterführen.
Noch keine Gleichberechtigung
Aber noch ist es ja nicht soweit und man kann bei FIFA 23 nochmal mit der geballten Lizenz-Power auflaufen. Zwar gibt es ein paar kleine Lücken, aber das Paket ist mit all den enthaltenen Mannschaften, aktuellen Kadern und der schieren Anzahl an Ligen sowie Nationalteams immer noch eine Wucht!
Einzig die Frauen haben einmal mehr das Nachsehen: Obwohl auf dem Cover neben dem Aushängeschild Kylian Mbappé auch die australische Nationalspielerin Sam Kerr abgebildet ist, müssen die Kicker-Damen in zentralen Modi wie FIFA Ultimate Team (FUT) und dem Karrieremodus draußen bleiben und neben 18 Nationalteams in lediglich zwei (!) Ligen gegeneinander antreten.
Trotz kleinerer Fortschritte bleibt es also auch bei FIFA 23 bei der Männerdominanz – selbst der kultige Apple-TV-Trainer Ted Lasso vom FC Richmond hat es zusammen mit internationaler Coach-Prominenz wie Jürgen Klopp, Pep Guardiola & Co ins Spiel geschafft. Peinlich dagegen, dass mit Edin Terzić lediglich EIN Trainer aus der ersten Bundesliga zur Wahl steht.
Story ist Geschichte
Bei den Modi wartet die gewohnte Auswahl: Angefangen bei Einzelpartien über den lässigen Straßenfußball in VOLTA bis hin zur etwas trockenen aber umfangreichen Karriere wird wieder jede Menge geboten – und das sowohl offline als auch online, dieses Mal sogar mit plattformübegreifenden Partien zwischen aktuellen PlayStation- und Xbox-Konsolen sowie dem PC. Und natürlich darf auch die Gelddruckmaschine FUT mit ihrem abstoßenden Pay-to-Win-Ansatz nicht fehlen. Viele Leute haben ja Spaß daran, jedes Jahr Unsummen in irgendwelchen virtuellen Kartenpaketchen zu versenken – ich gehöre nicht dazu. Viel lieber hätte ich erneut einen Story-Modus gesehen, der leider wieder fehlt. Nachgereicht wird immerhin eine kostenlose Erweiterung rund um die Farce der kommenden Fußballweltmeisterschaft in Katar.
Verbesserungen auf dem Platz
Die FIFA-Reihe ist ja eigentlich schon seit Jahren berühmt-berüchtigt für ihre Stagnation. Aber tatsächlich entwickelt sich der virtuelle Fußball von EA in kleinen Tripple-Schritten weiter und liefert stetig spielmechanische Verbesserungen – ganz im Gegensatz zum früheren Hauptkonkurrenten Pro Evolution Soccer, den Konami mittlerweile fast komplett an die Wand gefahren hat.
Auch für FIFA 23 wurde fleißig weiter optimiert: Die KI agiert sowohl im Angriff als auch der Verteidigung etwas cleverer als zuvor, nutzt freie Räume und bringt sich gut in Stellung. Der neue Power-Schuss, den man erst aufladen muss, sorgt zudem für eine taktische Bereicherung im Spielablauf, dessen Tempo im Vergleich zum letzten Jahr etwas gedrosselt wurde und schon alleine deshalb einen Tick realistischer wirkt. Darüber hinaus hat man die Mechaniken zur Ausführung von Ecken, Frei- und Strafstößen umgemodelt, um mittels Feinjustierung die Kugel an der richtigen Stelle und für die gewünschte Flugbahn zu treffen. So einfach das neue System funktioniert, so komplex geht es im Detail zu, wenn man wirklich alle Kniffe und Tricks von FIFA 23 beherrschen will. Vor allem Anfänger wird es daher freuen, dass der Tutorial- und Trainingsbereich jetzt noch mehr Möglichkeiten bietet, die nötigen Skills zu entwickeln. Dazu gesellen sich weitere Stärken rund um die Präsentation wie die grandiose Stadionatmosphäre mit Gesängen, Raunen und Live-Kommentaren, die wunderbaren Animationen der Akteure und nicht zuletzt die schnieken Zeitlupen in Wiederholungen.
Mit der 23er-Edition liefert EA Sports also einen würdigen Abschluss der FIFA-Reihe – zumindest auf PlayStation 5, Xbox Series X|S und sogar dem PC, obwohl es auf Rechnern vor allem zum Start noch einige technische Probleme gab. Auf älteren Konsolen ist FIFA 23 in der so genannten Legacy Edition dagegen das gleiche Spiel wie in den Vorjahren mit aktuellen Lizenzen – und damit nicht viel mehr als ein simples Kader-Update.