Über frauenverachtende Karnevalslieder, sexy Leichen und den heimischen Kostümbau

Achtung, der nachfolgende Text könnte für Karnevalsfans verstörend sein ;-)

Das liegt daran, dass ich Karneval wirklich schon seit Jahren verabscheue. Das beginnt schon bei der guten Laune auf Knopfdruck…schwerdonnerstagmorgens um 8h schmettern die ersten Karnevalsjunkies schon sinnbefreite Texte. Leicht müssen sie sein, damit man auch im Vollrausch und bei totalem Verlust der Muttersprache noch mitsingen kann. Dieses Jahr sticht mir vor allem eine Textzeile sehr ins Ohr, die da lautet „geh mal Bier holen, du wirst schon wieder hässlich“. Natürlich wird dieser frauenverachtende Text von einem Mann gesungen, keinem geringeren als Mickie Krause, der ja für sein gutes Aussehen weitreichend bekannt ist. NICHT.

Letztes Jahr wollte ich es ernsthaft mal versuchen mit dem Karneval. Mein Besuch in einem der Koblenzer Karnevalsläden wäre schon fast beim Betreten in einem Kreislaufzusammenbruch geendet. Haben die gefühlt 3000 (ja das war ganz kurz vor Corona) anderen Menschen in dem Laden keinen Geruchssinn? Es riecht nach Fuß und Schweiß, es ist heiß und stickig, dazu gibt es natürlich stumpfe Karnevalsmusik in überhöhter Lautstärke. Ich kämpfe mich zu den Kostümen vor und bin echt erstaunt, dass man als Frau anscheinend nur noch Kostüme mit dem Attribut „sexy“ bekommt. Neben „Sexy Krankenschwester“ und „Sexy Polizistin“ gibt es dieses Jahr auch „Sexy Zombie“. Really?  Sexy Leiche ist natürlich fast vergriffen.


In der Männerabteilung hingegen wird wenig Wert auf Sexieness gelegt. Warm soll es sein (natürlich), damit man beim Zuggucken nicht friert. Für die Herren gibt es muckelige Fellkostüme wie Löwe, Bär und Puma (Letzteres gibt es sogar direkt mit realem Duft inklusive), die dann in der Kneipe vor dem Bauch verknotet werden. Während Frau sich also im „Sexy Leiche“ Kostüm den Allerwertesten abfriert um gut auszusehen, steht man(n) in seinem Polyestertierchenkostüm daneben und schwitzt. Läuft super mit der Gleichberechtigung im Karneval!
Und die stinkenden, schlecht vernähten Polyesterfetzen kosten auch noch ein Vermögen! Ich muss hier raus! Denn durch die fiesen Geruchmixturen fangen jetzt auch meine Augen noch an zu tränen. Ich kämpfe mich aus dem überfüllten Laden und beschließe mir was selbst zu bauen.

Das ist wohl das Einzige, was ich an Karneval irgendwie gut finde: Kostüme selbst zu gestalten. Ich liebe es Kostüme zu nähen oder zu bauen, und meine Freunde lieben das auch, dass ich das liebe. Um ein „Nori, kannste mir grade noch nen Hut basteln“ oder „an mein Kleid müsste doch noch ein Reißverschluss“ oder „Noooriiiii? Hast du vielleicht noch Farbe, Heißkleber, Stoff, etc. komme ich in keinem Jahr herum. Aber es macht mir auch wirklich Spaß. (Oh, nein habe ich tatsächlich das Wort „Spaß“ im Zusammenhang mit Karneval erwähnt…verdammt!)
Letztes Jahr habe ich mir übrigens in 5 Minuten ein Lampenkostüm aus einem alten Lampenschirm und einer Lichterkette gebastelt. Hat keine 5€ gekostet und stinkt nicht nach Fuß oder Schweiß. Geht also auch gut und günstig, liebe Karnevalisten!

Dieses Jahr bleibt das Kostümbauen allerdings aus. Und noch was wird es dieses Jahr nicht geben: Den Rosenmontagsumzug. Mich stört das ehrlich gesagt überhaupt gar nicht. Im Gegenteil, denn ich wohne auch irgendwie immer in einer Straße in der der RoMo vorbei geht (vielleicht sollte ich das beim nächsten Wohnungsumzug als Kriterium mit auf die Liste nehmen: Badewanne, Balkon, kein Rosenmontagsumzug!)
Da darf man dann schon Tage vorher sein Auto auf eigene Kosten umparken, denn im Parkanwohnerbereich gibt es natürlich dann ein Hauen und Stechen auf die paar wenigen freien Parkplätze. Mit Glück ist danach das Auto nicht angekotzt, angepisst oder angekratzt (leider alles schon gehabt).

Und dann noch was zum Wurfmaterial! Hand aufs Herz, wer von euch stürzt sich bitte ernsthaft auf die klebrigen Billgbonbons? Wenn, wollen wir doch alle nur die kleinen Chips- und Popcorntüten, vielleicht noch Gummibärchen oder ein alkoholisches Getränk, aber die Bonbons werden nur sporadisch aufgesammelt. Und ich wette, bei euch steht auch bis Juni noch eine Schüssel mit den Karnevalssüssigkeiten in der Küche. Und niemand, wirklich niemand isst die gerafften Bonbons, bis der Schüsselinhalt irgendwann heimlich in den Mülleimer wandert.


Dieses Jahr steht für Karnevalsmuffel das „Nervenkostüm“ also ganz hoch im Kurs, das bleibt nämlich mal schön an. Kein Mickie Frauenverachter Krause, keine sexy Leiche, kein bekotztes Auto. Wie wunderbar!


Mich würde trotzdem interessieren wie ihr das dieses Jahr so macht! Verkleidet ihr euch trotzdem zu Hause? Schaut ihr euch Karnevalssitzungen im Fernsehen an? Hört ihr eine Karnevalsplaylist? Schreibt uns das doch mal in die Kommentare. Ich freu mich übrigens auch über Kommentare von Karnevalsmuffeln. Was freut euch am meisten daran, dass Karneval dieses Jahr ausfällt?