Ein Kommentar von Hans-Peter Schössler zum bevorstehenden Entscheidungsspiel zwischen Wales und der Ukraine über die Teilnahme an der diesjährigen Fußball-WM.

Ich mag Wales und die Waliser. Ich war zwar noch nie da, aber all das, was man über das Land hört und sieht, wirkt sympathisch. Auch die Fußballer sind so: leidenschaftlich, rustikal, mit Fans, die alles und ein wenig mehr geben. Gareth Bale, der bei Tottenham und Real Madrid spielte, ist der aktuell größte walisische Spieler, ein genialer Linksfuß.

Und doch hoffe ich, Wales möge es mir verzeihen, dass das alles nichts nutzt, nicht das sympathische Land, und auch nicht der geniale Linksfuß Bale, wenn am Sonntag um 18 Uhr im ausverkauften Cardiff City Stadium in der Hauptstadt Wales der Gastgeber auf die Ukraine trifft. Wer gewinnt, der darf im November und vielleicht auch noch im Dezember zur Fußball-WM nach Katar.

Normale Fußballspiele gibt es in dieser Zeit kaum. Und wenn die Nationalmannschaft der Ukraine spielt, die am Mittwoch dieser Woche in Glasgow gegen Schottlang mit 3:1 gewann und sich so das Endspiel in Cardiff sicherte, wenn diese Mannschaft antritt, dann hat das nicht einmal einen Hauch von Normalität. Mitten im Krieg ist der Fußball ein Hoffnungsträger für die ganze Ukraine. Die Teilnahme bei der Weltmeisterschaft ist viel mehr als ein sportlicher Erfolg, es ist ein emotionaler Gigantismus für die ganze ukrainische Nation. Es bedeutet alles.

Fußball wurde im Krieg immer gespielt. Das war auch im zweiten Weltkrieg so, wo die deutsche Nationalmannschaft von Sepp Herberger noch nach zwei Jahren Krieg Länderspiele austrug, allerdings nur gegen solche Nationen, die nicht in den Krieg involviert waren. Fritz Walter und der Kottenheimer Alfons Moog, der alle seine sieben Länderspiele im Krieg machte, spielten da zusammen.

Am Sonntag werde ich in gelb-blau vor dem Fernseher sitzen und der Ukraine einen Sieg in Wales wünschen. Weil es ein Fußballspiel ist, in dem der Fußball fast von untergeordneter Bedeutung ist. Es ist ein Spiel, aus dem ein Sieger erwachsen könnte, der ein ganzes Land für mehr als nur ein paar Momente verändern würde.