Die Arbeitszeit muss von nun an vom Arbeitgeber genau erfasst werden. Was das für euch bedeutet und was sich ändert, erklären unsere Rechtsexperten.

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Die Richter des Bundesarbeitsgerichtes in Erfurt haben erneut in den Arbeitsmarkt eingegriffen und den Unternehmen weitere Pflichten und Kosten zugemutet und das zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. In dem aktuellen Urteil aus dieser Woche heißt es, dass der Arbeitgeber nach § 3 des Arbeitsschutzgesetzes verpflichtet ist, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Genauer gesagt bedeutet das: Jede Minute ist zu dokumentieren. Die berühmte Stechuhr ist zurück und die Vertrauensarbeitszeit „gestorben“. Man darf gespannt sein, wie das mit Homeoffice in Einklang zu bringen ist.

Der Prozess begann eigentlich ganz harmlos mit einem Streit um die Kompetenzen eines Betriebsrats im Rahmen der Mitbestimmung. Einem Betriebsrat gefiel nicht, dass der Arbeitgeber nicht über die Zeiterfassung verhandeln wollte.

In der Mitbestimmung gibt es in der Regel kein Initiativrecht des Betriebsrates. Ob der Arbeitgeber sich entschließt, einen Mitbestimmungsbereich zu regeln, entscheidet er selbst. Er kann die Initiative ergreifen, nicht aber der Betriebsrat. Das passte dem Betriebsrat nicht und er wollte das Initiativrecht gerichtlich durchsetzen. Der Arbeitgeber hat zwar den Prozess gewonnen, jedoch hat dieser ohne Not eine völlig andere Dimension bekommen: Das Arbeitsschutzgesetz gilt für alle Betriebe in Deutschland, gleich, ob ein Betriebsrat besteht oder nicht. Damit sind nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes alle Unternehmen, gleich welcher Größe, verpflichtet, die Arbeitszeit künftig zu erfassen. Um das ausdrücklich festzustellen, nutzte es diese gerichtliche Auseinandersetzung. 

Dabei beriefen sich die Richter u.A. auf die "Stechuhr-Entscheidung" des Europäischen Gerichtshofes aus 2019. Diese verpflichte die europäischen Mitgliedsstaaten, ein objektives und verlässliches System zur Arbeitszeiterfassung zu schaffen.

Wie viele andere am Richtertisch erdachten Entscheidungen, ist auch diese geeignet, das praktische Arbeitsleben zu erschweren und Arbeitgeber mit weiterem Aufwand und Kosten zu belasten. Arbeitnehmer sind durchaus in der Lage, auch in der Arbeitszeitbelastung aktiv ihre Rechte zu wahren. In einer Zeit, in der Arbeitsplätze und ganze Betriebe durch explodierende Energiekosten und Corona gefährdet sind, hätte man sich das durchaus sparen können.

Unsere Rechtsexperten kommen von: www.dittmann-hartmann.de