Mainz/Saarbrücken (dpa/lrs) - Rheinland-Pfalz und das Saarland sind von weiteren schweren Unwettern und neuerlichen Überschwemmungen verschont geblieben. Währenddessen wird unter anderem über eine mögliche Pflichtversicherung für Elementarschäden diskutiert. Nachdem das Saarland am Dienstag Betroffenen finanzielle Hilfen zugesichert hatte, wird auch in Rheinland-Pfalz daran gearbeitet. Zunächst gelte es aber, das konkrete Schadensbild zu erfassen, teilte das Innenministerium in Mainz am Mittwoch mit. Hierzu sei die Aufsichtsbehörde ADD am Dienstag auf die betroffenen Landkreise und Städte zugegangen.
Am Dienstag und auch in der Nacht auf Mittwoch war der für Teile von Rheinland-Pfalz vorhergesagte Starkregen ausgeblieben. Wie etwa das Landespolizeipräsidium in Saarbrücken mitteilte, gab es in der Nacht zum Mittwoch keine unwetterbedingten Einsätze mehr. Solche gab es diesmal in anderen Teilen Deutschlands, vor allem in der bayerischen Oberpfalz, wo am Dienstagabend Keller vollliefen und Straßen überschwemmt wurden.
Ministerpräsidenten sprechen mit Scholz über das Thema Pflichtversicherung
Am Pfingstwochenende hatten dagegen enorme Regenmengen für Überflutungen, Erdrutsche und vollgelaufene Straßen und Keller gesorgt, vor allem im Saarland sowie im rheinland-pfälzischen Südwesten. Im Saarland starb eine 67-jährige Frau infolge eines Hochwasser-Rettungseinsatzes und ein Mitglied des Deutschen Roten Kreuzes aus dem Kreisverband Merzig starb nach einem Rettungseinsatz an einem Herzversagen.
Als Konsequenz aus den Unwettern der vergangenen Tage wollen die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 20. Juni über eine mögliche Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden beraten. Das sagte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums der «Augsburger Allgemeinen» (Mittwoch).
Elementarschäden sind solche Schäden, die durch die Natur verursacht wurden. Dazu zählen etwa Schäden durch Hochwasser, Stürme oder Erdrutsche. Das Bundesjustizministerium sieht eine solche Versicherung skeptisch. So «löst die Einführung einer bundesweiten Elementarschadenpflichtversicherung das Problem der Gefahr für Schäden an Gebäuden und die damit verbundenen finanziellen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger nicht», sagte die Sprecherin dem Blatt.
Opferbeauftragter lobt französisches Modell
Sie verwies unter anderem auf den bürokratischen Aufwand als Folge der notwendigen Kontrollen. «Diese Kontrolle ist bei vielen Millionen Wohngebäuden in Deutschland und der zur Prüfung notwendigen versicherungsrechtlichen Expertise überaus aufwendig und kostenintensiv.»
Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) hatte 2022 gesagt: «Die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden dürfte verfassungsrechtlich nur in einem engen Korridor möglich sein.» Es müssten Regelungen geschaffen werden, nach denen Versicherungsprämien auch in Hochrisikogebieten noch bezahlbar seien. «Die Umlage der Prämien auf Dritte wie beispielsweise die Versichertengemeinschaft ist hierbei nur in begrenztem Umfang zulässig», sagte er seinerzeit - und forderte Selbstbehalte, um zur Eigenvorsorge zu motivieren und Fehlanreize wie etwa der Wiederaufbau in extrem gefährdeten Gebieten zu vermeiden.
Der Opferbeauftragte der rheinland-pfälzischen Landesregierung, Detlef Placzek (SPD), sprach sich am Mittwoch explizit für die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden aus. «Die Notwendigkeit ergibt sich unter anderem auch aus der aktuellen Lage und Beispiele in benachbarten Ländern zeigen, dass so etwas auch zu erschwinglichen Versicherungsbeiträgen möglich ist», sagte er nach einer Mitteilung. Als Beispiel nannte er das französische Modell der Elementarversicherung. Das System dort bestehe seit 1982, sei erstaunlich günstig und funktioniere gut. «Die Beiträge sind nicht risikobasiert, sondern solidarisch.» Die Risiken würden also auf alle Versicherten verteilt; unabhängig von der Wahrscheinlichkeit, selbst einer Naturkatastrophe ausgesetzt zu sein.
Staatskanzlei mit eindeutiger Meinung und Erwartungshaltung
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) setzt sich nach Angaben der Staatskanzlei für eine bundeseinheitliche Pflichtversicherung ein. In Zeiten des Klimawandels mit immer mehr Extremwetterereignissen trage sie dazu bei, die Folgekosten solidarisch zu verteilen und zu verhindern, dass Menschen zum Beispiel nach einer Flutkatastrophe vor dem finanziellen Ruin stehen. «Die Länder werden das Thema weiter intensiv verfolgen und es auch bei der nächsten Besprechung der Regierungschefinnen und -chefs mit dem Bundeskanzler erneut vorbringen.» Es bestehe die Erwartung, dass die Bundesregierung nun zeitnah einen Regelungsvorschlag vorlegt.
Auch nach Auffassung des Sachverständigenrates für Verbraucherfragen (SVRV) mit Sitz in Berlin ist es an der Zeit, ernsthaft über eine Elementarschaden-Pflichtversicherung nachzudenken. Die schweren Regenfälle und Überschwemmungen im Saarland und in Rheinland-Pfalz hätten erneut vor Augen geführt, dass sich Deutschland besser an den Klimawandel anpassen muss.
Etwa die Hälfe der Menschen hat eine Versicherung gegen Elementarschäden
Derzeit haben nach Angaben des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) in Rheinland-Pfalz 46 Prozent und im Saarland 47 Prozent eine Versicherung über den Schutz gegen Elementarrisiken wie Starkregen und Hochwasser abgeschlossen. Im Bundesdurchschnitt seien 54 Prozent gegen alle Naturgefahren versichert.