Kindern in Not zu helfen ist ihre neue Aufgabe.

Dr. Lea Ackermann mag den Blick aus ihrem Bürofenster in Hirzenach hinunter auf den Rhein. Der Strom hat auch Symbolkraft für ihr Leben, das immer Strömungen ausgesetzt war und vielen Kämpfen bis heute, jetzt  wo sie 84 ist und andere das Kämpfen in diesem Alter längst verlernt haben.

Den Vorsitz der von ihr 1985 im kenianischen Mombasa gegründeten Frauenrechtsorganisation SOLWODI hat sie in jüngere Hände übergeben. Und gleichzeitig die „Lea Ackermann Stiftung“ gegründet“. Kindern im Elend zu helfen ist die Idee. „Als Missionsschwester habe ich viele Jahre in Afrika gearbeitet und dort das Elend der Kinder erlebt. Ihnen ein wenig zu helfen,  das soll die Aufgabe für den Rest meines Lebens sein“, sagt sie.

Aus ihrem Fenster im   Büro geht der Blick weit zurück. Geburt und Kindheit im saarländischen Klarenthal.  Banklehre bei der saarländischen Landesbank. Dann 1960 Eintritt in die Gemeinschaft „Missionsschwestern unserer lieben Frau von Afrika“.  Theologische Studien in Toulouse und in München schließen sich an. Pädagogik, Psychologie und Theologie studiert sie in München und  promoviert. Dozentin für Sozialpädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt wird sie.1967 lernt sie Afrika, ihre stille Liebe, kennen. Für fünf Jahre geht sie nach Ruanda, wird Leiterin einer Schule.  Später  schickt sie der Orden für ein  Jahr  nach Rom und 1985 nach Mombasa (Kenia). Sie hat ihre Aufgabe und ihr Ziel gefunden. Hier wird sie mit einer Lebenswirklichkeit konfrontiert, die sie rebellieren lässt. Junge Mädchen und Frauen werden zur Prostitution gezwungen, der Sextourismus widert sie an.  

1985 gründet sie in Mombasa SOLWODO. Solidarität mit Frauen in Not wird ihre Lebensaufgabe. Es ist ein Ausstiegsprojekt  für kenianische Frauen und Mädchen aus der Elendsprostitution. Kenia wird ihr Herzensanliegen bleiben. 1987 kommt sie nach Deutschland um jetzt auch hier SOLWODI zu gründen. Der Sitz wird Boppard.  Es entstehen Beratungsstellen mit Schutzwohnungen. Später wird sie sich auch der Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan annehmen.

Viele Bücher hat sie zu dem Thema geschrieben.  2o17 ist ihre Biografie unter dem Titel „Der Kampf geht weiter“ erschienen. Keine andere Überschrift würde besser zu ihr passen. Vor einigen Wochen veröffentlichte sie das neue Buch mit dem Titel „Das ist der Gipfel“. Zusammen mit Prof. Dr. Michael Albus, der zwei Jahrzehnte Leiter der Hauptredaktion „Kirche und Leben“ beim ZDF war, hat sie es geschrieben.   Viele  Vorträge und Reden hat sie gehalten, Aufsätze geschrieben. Es geht immer nur um ein Thema: um die Würde der Frauen und Kinder in dieser Welt.

Bedeutende Ehrungen wurden Lea Ackermann zuteil: Das Große Bundesverdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, „Frau Europas“ wurde sie 1997, der Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz, der Kettelerpreis für sozialpolitisches Engagement, die Ehrendoktorwürde der Universitäten Luzern und Erfurt und der Augsburger Friedenspreis. Es ist nur eine Auswahl.

Klug und kämpferisch, teilweise unnachgiebig, aber immer den Menschen zugewandt, das ist ihr Leben. Nonne wollte sie werden. Aber auch kritisch gegenüber ihrer Kirche bleiben. Was ihr an der Kirche nicht passt, das sagt sie. Frei heraus.

Und jetzt gibt es noch einmal eine große Aufgabe in ihrem Leben, die Stiftung für Kinder in Not. Ohne das könnte sie nicht sein. Es gibt keinen Ruhestand für sie. Solange es Kinder gibt, um die sich niemand kümmert, will Lea Ackermann für sie da sein.

Auf ihre eigne Art: kämpferisch, manchmal auch stur, aber immer der Sache verschrieben.