Am Freitag waren die Schulen im Raum Koblenz geschlossen. Am Mittwochabend zwitscherten die Spatzen bereits von den Dächern, dass zwei Tage später kein Unterricht stattfinden würde und auch die Folgewoche im „Homeschooling“ verbracht wird. Jetzt könnte es heißen: einmal Rolle rückwärts, bitte. Oder vielleicht doch nicht?
Die Öffnungsstrategie für Schulen der Bundes- und Landesregierung wurde in den vergangenen Wochen und Monaten bereits häufiger in diversen Konstellationen hinterfragt und öffentlich mehr als einmal kritisiert. Von Öffnungsstrategien, über verschiedene Varianten des Homeschoolings oder geteilten Klassen bis hin zum Komplettlockdown der Schulen bis die Inzidenzzahlen wieder sinken. Meistens drehen sich die Berichte, um Sinnhaftigkeiten der Schulöffnung, Maskenpflichten und Selbsttests. Einen sehr spannenden Aspekt, findet man in Gesprächen mit Lehrern diverser Schulformen, die zwar öffentlich als Landesbeamte nicht sprechen wollen, ihrem Unmut aber anonym zum Ausdruck bringen. Der größte Kritikpunkt: die mangelnde Kommunikation von offizieller Seite.
Vera F. * (Name von der Redaktion geändert) ist verbeamtete Lehrerin an einer Koblenzer Schule. „Unserer Schulleitung wurde es am vergangenen Mittwoch verboten, offizielle Informationen zur geplanten Schließung am Freitag an die Eltern weiterzutragen“, berichtet die Grundschullehrerin. „Stattdessen erfahren Eltern und Kinder aus den Medien von der Schließung beziehungsweise erst am Donnerstag von offizieller Seite von den Plänen der Regierung.“ Besonders kritisch: eine versetzungsrelevante Klassenarbeit musste verschoben werden, jedoch konnte offiziell nichts kommuniziert werden, weil die Schließung erst offiziell einen Tag später bekanntgegeben wurde. Die E-Mails und Nachrichten der Eltern trommeln trotzdem auf die Lehrkräfte ein, denn sie erwarten eine Antwort der Lehrerin. „Die Kinder wollen natürlich auch wissen, ob die Mathearbeit am Dienstag nun doch stattfindet oder eben nicht.“
Am Freitag heißt es dann für die Lehrer antanzen in der Schule, „falls doch ein Kind kommen sollte.“ Ergebnis: zwei Stunden gewartet, kein Kind ist erschienen. Vera F. fährt nach Hause. Ähnliches berichtet Johanna D. (Name geändert*), Lehrerin an einer Grundschule in einem großen Koblenzer Stadtteil: „Ich habe mir den kompletten Samstag um die Ohren geschlagen, um den Online-Unterricht vorzubereiten. Jetzt heißt es: am Mittwoch könnte doch wieder Unterricht in der Schule stattfinden, da die Inzidenzwerte der Bundesnotbremse eine Öffnung ermöglichen.“ Da Online-Unterricht „nicht im Ansatz mit Präsenzunterricht zu vergleichen ist“, müsste wieder alles umgeplant werden. Gerade in der Grundschule sind die Bedürfnisse der Schüler didaktisch schwieriger zu bewerkstelligen als auf einer weiterführenden Schule. Das Problem bleibt allerdings dasselbe: offiziell wissen die Lehrer nichts, nur die eigene Interpretation der Verordnung dient als Hilfe.
Die Regierung kommuniziert langsam, die Eltern umso schneller
Ein Problem der heutigen Zeit, welchem sich die Lehrer hingegen gegenüber der Elternschaft stellen müssen, sind vor allem die schnellen Kommunikationsweg. „Dass meine Eltern mal mit meiner Lehrerin gesprochen haben, ist alle Jubeljahre mal passiert“, berichtet Johanna D. „Jetzt erreichen mich am Tag mindestens fünf E-Mails von Eltern, die ich zwar ignorieren könnte, die aber natürlich trotzdem für einen unterbewussten Stress sorgen. Ich möchte meinen Job ja auch so gut wie möglich machen“, sagt die 32-Jährige. Dazu gehört es auch, Kinder zu versorgen, welche in Quarantäne sind oder nicht am Unterricht teilnehmen, weil die Eltern die Corona-Tests verweigern, welche ab dem 26.April verpflichtend vorgelegt werden müssen. Die Herausforderungen warten an allen Ecken und Enden. Und wie lauten die offiziellen Regeln ab Montag?
Durch das Inkrafttreten des Notbremse-Gesetzes vom 22.April 2021 „wird es bis zu den Pfingstferien bei der angekündigten Regelung bleiben, dass an den Schulen grundsätzlich Wechselunterricht stattfindet. Wenn die 7-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 165 überschreitet, sieht das Gesetz den Übergang in den Fernunterricht vor. Auf der Basis der Inzidenzzahlen des Robert-Koch-Institutes wird festgelegt, ab wann das geschieht. Bleibt die 7-Tage-Inzidenz an fünf aufeinanderfolgenden Werktagen unter dem Schwellenwert von 165 treten die Maßnahmen am übernächsten Tag wieder außer Kraft, so sieht es das Gesetz vor. Die Schulen können dann wieder den Wechselunterricht aufnehmen“, so heißt es von Seiten des Landes Rheinland-Pfalz.
Anhand der Statistik der Stadt Koblenz bedeutet dies, dass die Schulen in den kommenden Tagen zunächst geschlossen bleiben müssten. Denn die Werte wurden erreicht bzw. überschritten. Erst in der nächsten Woche ab dem 03.Mai 2021 dürften die Schulen dann wieder öffnen. Offiziell heißt es jedoch in einer Meldung der Stadt Koblenz vom 25.April 2021: „Der Präsenzunterricht in allen Schulen entfällt – unabhängig von den dann vorliegenden Sieben-Tage-Inzidenzwerten – am Montag, 26. April 2021, und Dienstag, 27. April 2021. Am Montagmorgen werden der Verwaltungsstab und der Stadtvorstand, abhängig vom dann geltenden Sieben-Tage-Inzidenzwert des RKI, die weiteren Schritte besprechen und im Anschluss unmittelbar bekanntgeben.“ Anhand des Notbremsen-Gesetzes dürfte das nur die Folgeschließung bedeuten, da das Ziel von fünf aufeinanderfolgenden Werktagen nicht erfüllt werden kann. Eine rechtzeitige Information der Schüler, Lehrer- und Elternschaft wird dann mit Sicherheit folgen – oder eben nicht. Es ist und bleibt keine einfache Zeit an den Schulen der Bundesrepublik.