Wie könne wir die steigenden Infektions- und Todeszahlen stoppen? Eine Meinung und Denkanstöße.

Während die Impfquote in Deutschland weiterhin stagniert, steigen die Zahlen der Neuinfektionen wieder rasant an. Immer mehr Menschen müssen beatmet werden. Auch die Todeszahlen steigen wieder. Insgesamt zeigen die Statistiken in allen Bereichen höhere Werte als vor einem Jahr. Damals gab es noch keinen Impfstoff. Von einer "Pandemie der Ungeimpften" kann derzeit dennoch keine Rede sein. Was ist nun zu tun?

Einen erneutenLockdown hat die Bundesregierung bereits ausgeschlossen. Dieser wäre auch wirtschaftlich für einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr verkraftbar. Stattdessen wird mit 3G und 2G-Regelungen, sowie einem erhöhten Druck auf Ungeimpfte versucht, die Neuinfektion einzudämmen. Allerdings stellt sich nach gehäuften Impfdurchbrüchen die Frage, ob dies noch der richtige Weg ist. Die Bundesregierung appelliert an die Eigenverantwortung der Bürger*innen. Während Ungeimpften Egoismus vorgeworfen wird, steht eine Impfung für ein Zeichen der Solidarität. Dies bezieht sich allerdings auf die Hospitalisierungsrate und die Entlastung des Gesundheitssystems, aber nicht auf die Ansteckungsgefahr für andere. Deswegen birgt die Entlastung der geimpften Personen von der Testpflicht zurzeit noch einer großen Gefahr. Das Argument, dass Ungeimpfte selbst schuld sind und auch sie die Möglichkeit einer Impfung besitzen trifft dabei nur bedingt zu. In einer Solidargemeinschaft sollte davon ausgegangen werden, dass jeder auf den anderen achtet. Unabhängig vom jeweiligen Impfstatus.

Ungeimpfte ihrem eigenen Schicksal zu überlassen zeugt von Ignoranz und wahrem Egoismus. Nicht jede*r Ungeimpfte ist gleich ein*e Querdenker*in oder ein*e Coronaleugner*in. Joshua Kimmich hat durch sein Interview eine wichtige Debatte angestoßen. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch viele Grautöne innerhalb der Gesellschaft und in einer Solidargemeinschaft sollten diese Grautöne respektiert werden. Was nicht bedeutet, dass nicht weiterhin für eine Impfung geworben und darüber aufgeklärt werden soll. Dies ist sogar zwingend notwendig, da eine flächendeckende Impfung und die daraus resultierende Herdenimmunität der Weg aus der Pandemie ist. Jedoch muss der öffentliche Druck verschwinden, welcher auf Ungeimpfte ausgeübt wird. Denn dieser Druck führt zu einer Trotzreaktion in der betroffenen Gruppe und Trotz ist ein nicht zu unterschätzender Treiber der Gesellschaft. Druck wird auch durch die immer häufiger verwendete 2G-Regelung erzeugt, die nicht nur deswegen eine gewisse Gefahr birgt. 2G suggeriert zudem die Illusion eines geschützten Raumes, der de facto aber gar nicht besteht. Immer mehr Impfdurchbrüche und Infektionen von geimpften Personen haben gezeigt, dass sich Geimpfte sehr wohl noch mit dem Virus infizieren und dieses verbreiten können. Und damit gefährden sie nicht nur die Ungeimpften, sondern auch ältere Mitbürger*innen oder Menschen mit Vorerkrankungen, bei denen der Impfschutz nachlässt. Deswegen ist es außerordentlich wichtig, dass sich auch geimpfte Bürger*innen regelmäßig testen.

Die Bundesregierung, die im Parlament keine Mehrheiten mehr genießt und nur noch parlamentarisch im Amt ist, hat in den vergangenen Wochen, angeführt von Gesundheitsminister Jens Spahn, durch die nun kostenpflichtigen Schnelltests und der Aufhebung der epidemischen Lage Ende November, die falschen Zeichen gesetzt. Diese Maßnahmen weisen auf ein Ende der Pandemie hin und veranlassen sowohl geimpfte, als auch nicht geimpfte Bürger*innen dazu, sich weniger bis gar nicht mehr testen zu lassen. Grundsätzlich war es eine Farce, Kosten für Schnelltests, zu Beginn der kalten Jahreszeit, zu erheben. Und dies führt auch zur großen Problematik der Aussagen von Joshua Kimmich. Er argumentiert sein verantwortungsbewusstes Verhalten mit PCR-Tests, die alle zwei bis drei Tage bei ihm durchgeführt werden. Diese werden allerdings vom FC Bayern München bezahlt und selbst wenn nicht, wären die aufkommende Kosten für einen Fußballprofi absolut verkraftbar. Jedoch kann nicht jede*r dieses Privileg aufweisen. Für die meisten Bürger*innen ist es nicht möglich, mehrmals die Woche über 40 Euro für einen solchen PCR-Test hinzulegen. Ein Express-Test kann sogar bis zu 100 Euro kosten. Bei Hartz IV oder einem Minijob auf 450 Euro-Basis könnte das Monatseinkommen also schon nach wenigen Wochen nur für Coronatests aufgebraucht sein. Steht in unserem Grundgesetz nicht geschrieben, dass jeder Mensch gleich ist? Dann sollten arme Menschen auch nicht benachteiligt behandelt werden und ein gleiches Recht auf regelmäßige Coronatests haben.

Deswegen sollten folgende drei Punkte auf den Weg gebracht werden:

  • Zunächst müssen die Booster-Impfungen vorangetrieben werden. Im Hinblick auf die kalte Jahreszeit erfolgt die Kampagne für die dritte Impfung viel zu spät. Zu diesem Zeitpunkt wäre zumindest für die ältere Bevölkerungsgruppe der über 70-Jährigen der aufgefrischte Impfschutz zwingend notwendig.
  • Über die Impfung muss zielgerichteter aufgeklärt werden und es müssen neue Anreize geschaffen werden, die keinen Druck ausüben. Andererseits bleibt nur noch eine Impfpflicht, die zur kompletten Spaltung der Gesellschaft und dem endgültigen Vertrauensverlust in die Politik führen könnte.
  • Der wichtigste Punkt: Coronatests müssen wieder kostenlos oder zumindest deutlich vergünstigt werden, sodass auch Geringverdiener*innen Zugang dazu haben. Anschließend müsste eine Testpflicht für die gesamte Bevölkerung eingeführt werden. Auch für vollständig geimpfte Bürger*innen. Denn wer bietet einen höheren Schutz für seine Mitmenschen? Ein*e regelmäßig negativ getestete*r Ungeimpfte*r oder ein*e ungetestete*r Geimpfte*r, welche*r den Virus symptomfrei in sich trägt und unbemerkt verbreitet? 

Nur unter diesen Umständen kann der von SPD, Grüne und FDP ausgerufene Freedom Day am 20. März eingehalten werden, ohne bis dahin erneut großes Leid in die Gesellschaft zu tragen.

Passt aufeinander auf!