Noch nie gab es so viele Spezialeinsätze aus der Luft.

Kreis Ahrweiler |

Der Einsatz im Katastrophengebiet erforderte über 200 Einsätze, davon 111 Windenrettungen, der ADAC Luftrettung. Mittlerweile hat der Rettungshubschrauber „Christoph 23 Bravo“ die Krisenregion verlassen. Insgesamt waren bis zu sechs Hubschrauber aktiv.

Die Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen verlangte selbst von den erfahrenen Einsatzkräften der ADAC Luftrettung einiges ab. Auf dem Höhepunkt waren bis zu sechs Rettungshubschrauber im Einsatz. Zwei von ihnen wurden extra in das Katastrophengebiet verlegt. Darunter fällt „Christoph 1“ aus München, der als Sonderhubschrauber in „Christoph 23 Bravo“ umbenannte wurde. Am Montag, 30. August ist der Windenrettungseinsatz der ADAC Luftrettung offiziell beendet. Dann wird der noch im Ahrtal verbliebene Zusatzhubschrauber „Christoph 23 Bravo“ abgezogen.

Am 15. Juli, am ersten Tag der Hochwasserkatastrophe, hatte die ADAC Luftrettung zur Unterstützung der Rettungskräfte kurzfristig einen ersten Windenhubschrauber für Spezialeinsätze aus der Luft in die Krisenregion verlegt – ohne Unterbrechung der Einsatzbereitschaft in München. Der ADAC Rettungshubschrauber „Christoph 23 Bravo“ flog in den ersten Stunden 36 Spezialeinsätze, um Menschen von Dächern oder aus von Wasser eingeschlossenen Häusern und Plätzen zu retten. „So viele Windeneinsätze hintereinander ist seit Bestehen der ADAC Luftrettung noch kein ADAC Rettungshubschrauber an einem Tag geflogen“, hob Geschäftsführer Frédéric Bruder die außergewöhnliche Leistung der Crew hervor.

Zudem kamen auch die öffentlich-rechtlichen ADAC Rettungshubschrauber aus Wittlich und Koblenz in Rheinland-Pfalz sowie Köln und Aachen/Würselen in Nordrhein-Westfalen zum Einsatz. Die ADAC Luftrettung war allerdings auch am Boden aktiv. So wurden in den ersten Tagen auch überschwemmte Keller und Wohnungen nach Verletzten und Überlebenden durchsucht sowie später Hundestaffeln der Polizei bei der Suche nach Vermissten unterstützt und von der Außenwelt abgeschnittene Bewohner mit Medikamenten versorgt. „Was uns die Crews von ihren Einsätzen berichtet haben, hat uns alle sehr bewegt und betroffen gemacht“, sagte Bruder.

Die Bedeutung von Rettungshubschraubern mit Winde und die Zahl derer Einsätze hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. 2021 verzeichneten die vier Windenstationen der ADAC Luftrettung in München, Murnau, Straubing (alle Bayern) und Sande (Niedersachsen) mit 342 Windeneinsätzen ein Plus von zwölf Prozent – Tendenz steigend. Vor dem Hintergrund, dass als Folge des Klimawandels weitere Wetterextreme und Unwetterkatastrophen vorausgesagt werden, bietet die ADAC Luftrettung ihre Expertise an, wenn die Bundesländer das Thema Luftrettung mit Winde neu bewerten möchten. Bei Bedarf könnten weitere Stationen auf solche Spezialeinsätze vorbereitet werden. „Im Idealfall könnte jedes Bundesland auf mindestens einen Windenhubschrauber mit Notarzt und Notfallsanitäter an Bord zurückgreifen, um Verletzte oder Patienten ohne Zeitverlust vor Ort zu versorgen“, erklärte Geschäftsführer Bruder. Nur so sei die optimale notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung bei Krisen- und Unwetterkatastrophen des jetzigen Ausmaßes optimal zu bewältigen. „Bei unserer Arbeit in der Krisenregion hat sich gezeigt, wie wichtig der einsatztaktische Vorteil eines notarztbesetzten Windenhubschraubers ist. So konnten wir Menschen nicht nur evakuieren, sondern auch medizinisch behandeln“, ergänzte Einsatzleiter Dr. Jens Schwietring.

Ausdrücklich lobte Geschäftsführer Bruder die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Die kurzfristige Verlegung der Windenhubschrauber ins Hochwassergebiet sei nur möglich gewesen, weil solidarisch, schnell und unbürokratisch gehandelt wurde.

Zusätzlich wurden im Katastrophengebiet in den letzten Wochen auch die alltäglichen Rettungseinsätze, etwa wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Arbeitsunfällen, geflogen. Es wird dort noch längere Zeit dauern, die Infrastruktur am Boden wiederherzustellen. Der bodengebundene Rettungsdienst hat bis zur Wiederherstellung der Infrastruktur, gerade an topographischen Engstellen wie z.B. zerstörte Brücken oder unterspülte Straßen, große Zeitverluste bei der Patientenversorgung zu verzeichnen. Hier leisten die regulär stationierten Rettungshubschrauber nach wie vor einen maßgeblichen Beitrag zur Sicherstellung des Rettungsdienstes.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius möchte sich am Dienstag, dem 31. August,  im Nachgang der Unwetterkatastrophe, selbst ein Bild von der Einsatzbereitschaft der Luftrettung machen, bei einem Besuch Station des ADAC Rettungshubschraubers „Christoph 26“ in Sande. Dort soll dem Minister gezeigt werden, wie in seinem Bundesland im Ernstfall Spezialeinsätze mit Winde geflogen werden.