Treffsichere 90er-Party
War die unterhaltsame Kampagne des Vorgängers Call of Duty: Black Ops Cold War noch im Kalten Krieg der Achtziger Jahre angesiedelt, knüpft die Handlung von Black Ops 6 direkt an die Geschehnisse an und verlagert das Setting in die frühen 90er, als Saddam Hussein gerade in Kuweit einmarschiert und damit den Irak-Krieg auslöst. Die Operation Desert Storm des US-Militärs fungiert hier allerdings nur als Nebenschauplatz. Zwar legt man sich in manchen Missionen auch mit der irakischen Armee an, doch der Hauptfeind hört hier auf den Namen Pantheon. Dabei handelt es sich um eine geheimnisvolle und bestens ausgerüstete Terrorgruppe, die finstere Pläne verfolgt und offenbar sogar einen Maulwurf im amerikanischen Geheimdienst CIA installiert hat.
Man wird ein Teil eines Teams, das sich aus abtrünnigen Agenten und Soldaten zusammensetzt, um das Komplott aufzudecken und herauszufinden, wer hinter Pantheon steckt und welche Gefahr von der militanten Gruppe ausgeht. Die Qualität der Kampagnen von Call of Duty ist bekanntlich ein Auf und Ab, wobei der Solo-Einsatz bei Modern Warfare 3 im letzten Jahr rückblickend eher zu den schwächeren Vertretern gezählt hat. Die gute Nachricht: Black Ops 6 findet zur alten Stärke zurück, denn das Team von Treyarch liefert unterm Strich eine der unterhaltsamsten CoD-Kampagnen der letzten Jahre ab!
Explosive Action, Spannung und Experimentierfreude
Vor allem die hervorragenden Tempowechsel und damit einhergehende Differenziertheit zeichnet den Story-Modus aus: Wilde Schusswechsel mit dem gewaltigen Waffenarsenal werden abgelöst von spannenden Schleicheinlagen mit Hightech-Gadgets und eingestreuten Rail-Passagen voller Dauerfeuer! Nicht selten erinnert das Geschehen sowohl hinsichtlich Story als auch dem Pacing an die fulminanten Filme aus Reihen wie Mission Impossible oder James Bond. Selbst die geheime Zentrale als Hub zwischen den Missionen ist klasse gemacht und motiviert ähnlich wie die Croft Mansion aus Tomb Raider zum Erkunden und Lösen kleiner Umgebungsrätsel. Darüber hinaus lässt sich der Unterschlupf mit Upgrades erweitern, die u.a. Zugriff auf freischaltbare Waffenverbesserungen, zusätzliches Equipment und spezielle Fähigkeiten ermöglichen. Außerdem darf man sich in aller Ruhe mit seinen Teamkameraden unterhalten, wenn man es denn möchte. Hin und wieder werden sogar innerhalb der Missionen ein paar Dialogoptionen eingestreut.
Highlights gibt es in der Kampagne viele – allen voran ein clever designter Raubzug in einem Casino, bei dem man im Wechsel die Kontrolle über verschiedene Teammitglieder übernimmt und sich dadurch Schritt für Schritt mit Wummen und Köpfchen einen Zugang zum gut gesicherten Tresor verschafft. Eine der wenigen Schwächen ist dagegen eine Mission im Irak, in der man auf einer großen Karte eine Reihe von Aufträgen in beliebiger Reihenfolge erledigen muss und dabei die einzelnen Stationen hinter dem Steuer eines Jeeps abklappert. Man kann wirklich nur beten und hoffen, dass man bei Activision niemals auf die dumme Idee kommt, die Kampagne von Call of Duty in einer Open World anzusiedeln. Denn was nach dieser Mission klar ist: Es würde den tollen Spielfluss, die Abwechslung und schlichtweg die Identität der Reihe zerstören! Einigen Fans könnten zudem ein paar Spielabschnitte etwas zu weit gehen, in denen sich die Entwickler primär kreativ ausgetobt und ihrer Experimentierfreude freien Lauf gelassen haben. In manchen Missionen erinnert die Kampagne tatsächlich an atmosphärische Horror-Shooter wie F.E.A.R. oder Psychotrips im Stil von Layers of Fear. Mir persönlich haben diese mitunter ziemlich verstrahlen Momente sehr gut gefallen und die Abwechslung profitiert ebenfalls von diesen bizarren Ausflügen, die im Rahmen der Story sogar Sinn ergeben. Aber für manche Shooter-Fans könnte es ein bisschen zu viel des Guten und etwas ZU abgedreht sein…
Starke Klangkulisse
Keine Diskussionen dürfte es dagegen bei der Klangkulisse geben: Während man bei der Grafik vor allem bei Details und Figurenmodellen ein paar Abstriche in Kauf nehmen muss, erfreuen wuchtige Soundeffekte wie fette Explosionen, pfeifende Kugeln aus allen Richtungen und das Rattern der Sturmgewehre genauso die Ohren wie die professionellen deutschen Sprecher und nicht zuletzt der starke Soundtrack, der mit einer Mischung aus pompösen Action-Arrangements und pulsierenden Ostinati in Spannungsmomenten immer den richtigen Ton trifft und sich sogar dynamisch an Situationen anpasst.
Gemeinsame Zombiejagd
Während die Kampagne nur für Solisten designt wurde, steht im Zombie-Modus erneut die kooperative Action im Zentrum. Zwar kann man sich auch alleine den Horden von Untoten entgegenstellen, aber zum einen ist man als einsamer Wolf angesichts der Gegnermassen schnell aufgeschmissen und zum anderen macht die Zombiejagd in einem Team mit bis zu vier Spielern deutlich mehr Spaß! Im Prinzip geht es hier nur darum, die zunehmend stärkeren Gegnerwellen zu überleben und sich auf den zwei groß angelegten Karten immer weiter voran zu kämpfen. Neuerdings ist auch ein Zwischenspeichern möglich und auch die optionale Exfiltration á la Warzone ist ab sofort möglich, falls man es lebendig bis zum Abholpunkt schafft.
Darüber hinaus gibt es jetzt ein frisches Progressionssystem, mit dessen Hilfe man neuen Bonusfähigkeiten freischalten kann, indem man bestimmte Nebenaufträge definiert und erfüllt. Und diese werden nochmals in eine Haupt- und Nebenvariante unterteilt. Als ob das nicht schon genug wäre, finden sich außerdem noch temporäre Boni, die man entweder an Kaugummiautomaten zieht oder bereits vorab im Loadout ausrüstet. Immer noch nicht genug? Gut, denn es gibt außerdem noch Perk-Maschinen, unzählige Waffenupgrades an Pack-A-Punch-Automaten und weiteres Zeug wie merkwürdige Portale oder Kisten mit Zufalls-Items. In anderen Worten: Der Zombie-Modus ist völlig überladen – und das selbst für den Arcade-Blingbling-Ansatz, der hier verfolgt wird. Obwohl die grundsätzliche Action innerhalb der Zombiejagd stimmt, wäre weniger am Ende wieder mehr gewesen. Für eine Runde zwischendurch macht der Zombie-Modus durchaus Laune, aber von den Qualitäten eines Left 4 Dead (von 2008!!!) ist man hier immer noch sehr, sehr weit entfernt.
Hektische Online-Gefechte
Die kompetitiven Online-Gefechte von Call of Duty waren ja schon immer von viel Action und einem sehr hohen Spieltempo geprägt. Black Ops 6 schaltet im Mehrspielermodus nochmal einen Gang höher – und das hat mehrere Gründe: Zum einen sind die Karten sehr klein – selbst in den Modi, die überwiegend auf 6v6-Duelle und teilweise sogar nur 2v2-Scharmützel ausgerichtet sind, läuft man sich entsprechend schnell und häufig über den Weg. Zum anderen kommt das neue Omnimovement-System in den Versus-Partien besonders effektiv zum Einsatz. Denn neuerdings kann man nicht nur nach vorne, sondern quasi in alle Himmelsrichtungen sprinten und auf den Knien rutschen. Diese Kombination sorgt für ein wahnwitziges Spieltempo und enorm hektische Schussgefechte, die neue Maßstäbe für Call of Duty setzen dürften.
Nein, das ist nicht unbedingt positiv gemeint: Persönlich ist mir der Multiplayer-Modus viel zu flott, die Action mit ihrem Staccatto aus Respawn, Ballern und Sterben in Kombination mit dem ständigen Rumrutschen auf Dauer eher nervig als spaßig. Da hilft es auch nicht viel, dass sich die reine Shooter-Mechanik so verdammt gut anfühlt. Schade, denn im Kern sind die 16 neuen sowie überwiegend symmetrisch gestalteten Karten sinnvoll designt und funktionieren in verschiedenen Spielmodi vom einfachen (Team-)Deathmatch über „Abschuss bestätigt“ bis hin zu Domination prinzipiell sehr ordentlich.
Wie immer lassen sich neben der vorgefertigten Ausrüstung ab einem bestimmten Level auch eigene Loadouts aus dem riesigen Arsenal aus Pistolen, Shotguns sowie Sturm- und Scharfschützengewehren und diversen Granat-Typen samt Gadgets zusammenstellen. Wer fleißig Erfahrungspunkte auf den Schlachtfeldern sammelt und in den Rängen aufsteigt, schaltet zudem nicht nur visuellen Schnickschnack wie Emotes oder Skins frei, sondern erhält auch Zugriff auf weitere Inhalte wie Operator, Waffenmodelle, taktisches Equipment oder Modifikatoren. Schön: Sowohl in Zombie- als auch dem Mehrspielermodus darf man optional im Splitscreen teilnehmen, falls man gerade einen zweiten Mitspieler auf dem Sofa sitzen hat.
Fazit:
Zumindest Solisten haben allen Grund zur Freude: Call of Duty: Blacks Ops 6 bietet ohne Zweifel eine der besten und abwechslungsreichsten Kampagne der letzten Jahre! Angefangen bei hervorragenden Tempowechseln über die packende Inszenierung bis hin zu kreativen Überraschungen beim Missionsdesign bekommt man hier einen explosiven und erfreulich kurzweiligen Agenten-Action-Thriller zum Mitspielen. Die Mehrspieler-Gefechte begeistern mich weniger: Zwar fühlt sich die Ballerei auch dank des erweiterten Movesets richtig gut an, aber mir ist das Tempo auf den kleinen Karten schlichtweg zu hoch und die meisten Modi wirken wie eine Arcade-Ballerbude, in der man alle paar Sekunden stirbt. Die kooperative Zombiejagd ist da schon eher mein Ding, aber auch mit der neuen Missionsstruktur kann der Zombie-Modus von Black Ops 6 dem Valve-Klassiker Left 4 Dead nicht das Wasser reichen.