Eine Elternumfrage des Regionalelternbeirats (REB) des Schulbezirks Koblenz hat eine Vielzahl kritischer Fragen zum Fernunterricht ergeben. 9059 Elternteile aus den zum REB Koblenz gehörenden Kreisen Ahrweiler, Altenkirchen, Bad Kreuznach, Mayen-Koblenz, Neuwied, Rhein-Hunsrück, Rhein-Lahn und Westerwald sowie der Stadt Koblenz nahmen an der Umfrage teil.

REGION/KOBLENZ. |

Ziel dieser Umfrage war es u.a. die unterschiedliche Ausgestaltung des Fernunterrichts aufzuzeigen und Hinweise zu geben, in welcher Region dieser Unterricht besonders gut läuft und wo es noch Veränderungs- und Anpassungsbedarf gibt.

Das allgemeine Stimmungsbild ergab, dass 38% der Eltern die Lernstoffvermittlung im Fernunterricht mit „ausreichend“ bis „ungenügend“ bewerteten. Der Lernerfolg insgesamt sei zu stark davon abhängig, welche individuellen Anstrengungen einzelne Schulen und Lehrer aus freien Erwägungen dazu unternehmen. "Die Zeit vom Lockdown 1 bis zum Lockdown 2 ist nicht ausreichend genutzt worden, um die Schulen für den Fernunterricht bestmöglich vorzubereiten", so ein Fazit des REB. „Wir konnten feststellen, dass Lernstoffvermittlung eher über Videokonferenzsysteme durchgeführt wurde, die von den Befragungsteilnehmern allerdings eine sehr gute Rückmeldung bekommen haben“, fasst Erwin Lenz, Sprecher des REB, zusammen.

Verpflichtende Standards für Fernunterricht gefordert

Die Umfrage strich aber auch heraus, dass die jetzige Form des Fernunterrichts gleiche Bildungschancen für alle in Frage stellt: Während einige Familien fehlende Leihgeräte oder Betreuung der Schülerinnen und Schüler von sich aus kompensieren konnten, ist dies insbesondere für Haushalte mit mehreren Kindern mit fehlenden technischen Mitteln und/oder schlechter Internetverbindung nicht möglich. Diese befürchten Probleme aufgrund von Lernrückständen beim Übergang von der Grundschule und der Orientierungsstufe der RS+ auf das Gymnasium und beim Abitur 2021 und 2022. Insgesamt hänge der Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern im Fernunterricht vermehrt von Schule, Schulart, Einstellung der Lehrer, verwendeten Tools und dem familiären Hintergrund der Schülerinnen und Schüler ab! Und: Der Datenschutz werde zu Lasten des Bildungserfolgs priorisiert. Deutlich wurde durch die Umfrage auch, dass jede Schule ein eigenes Konzept für den Fernunterricht entwickelt habe, das je nach Ausprägung von den Eltern unterschiedlich bewertet wird. Der REB bilanziert:  Um eine Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit zu wahren, ist es wichtig, verpflichtende Standards für den Fernunterricht einzuführen.

Belastung für Schülerinnen und Schüler gestiegen

Ein Fortschritt gegenüber dem ersten Lockdown sei zwar erkennbar, dieser werde jedoch von stark belasteten Familien nicht wahrgenommen. Die Belastung von Schülerinnen und Schülern sei durch unklare oder herausfordernde Aufgabenstellungen sowie zu wenig proaktive Kontakte durch Lehrkräfte und mangelnde Kontakte zwischen Mitschülern gestiegen, erklärt der REB nach Auswertung der Umfrage. Fehlendes Feedback zu Arbeitsaufträgen führe dazu, dass Schülerinnen und Schüler ihren Lernstand nicht zurückgespiegelt bekämen, was demotivierend sei. "Darüber hinaus ist fraglich, ob ohne regelmäßige Einsicht der erledigten Arbeitsaufträge die Lehrkräfte den Lernstand ihrer Schülerinnen und Schüler realistisch einschätzen können" bemängelt der Regionalelternbeirat. Die Interaktion zwischen Lehrkräften und Schülern sei sogar klassenintern nicht standardisiert. In manchen Klassen gebe es Lehrer, die zum Bereitstellen der Arbeitsaufträge Moodle nutzen, andere versenden sie per E-Mail. "Die Eltern wünschen sich standardisierte, verbindliche Vorgaben für den Austausch zwischen Lehrkräften und Schülern", so ein weiteres Fazit.

Sichere Rückkehr zum verpflichtenden Präsenzunterricht: ein Versäumnis der Politik

Die Umfrage ergab zudem, dass den Eltern die Einhaltung von Abständen in den Bussen und Bahnen ein sehr wichtiges Anliegen bei der Rückkehr in den Präsenzunterricht ist. Die Politik habe bisher versäumt, dieses Problem ernsthaft zu bearbeiten. Eine starke Befürwortung gab es seitens der Eltern auch für den Einsatz externer Raumluftfiltergeräte. Kostenlose tägliche Schnelltests werden nur von einer knappen Mehrheit positiv bewertet (laut Kommentaren meist auch nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wie Raumluftfiltergeräten).

Forderungen des REB:

1. Strukturierter, den Schultag nachbildender Fernunterricht – insbesondere für die Klassen 1 bis 10.

2. Lernstoffvermittlung, anstatt nur Fragen aus dem Selbststudium oder Arbeitsblätter zu besprechen.

3. Verbindliche Vorgaben für die Gestaltung des Fernunterrichts, insbesondere für den Anteil der Videokonferenzen am Gesamtunterricht und ständige Überprüfung dessen durch die Schulaufsicht.

4. Leistungsfähiger und technisch stabiler Ablauf des Fernunterrichts muss durch Schulen und Schulträger garantiert werden: U.a. Lern- und Videokonferenzplattformen, Leihgeräte, technische Unterstützung, kostenlose mobile Datentarife im Bedarfsfall.

5. Bei Rückkehr in Präsenz- oder Wechselunterricht: Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Schülerbeförderung: Abstandsregeln in Bus und Bahn; kurzfristige Anschaffung von externen Raumluftfiltergeräten mit
HEPA 14 Filtern für alle Klassenräume; Beschleunigung der Investition in die technische Infrastruktur der Schulen (Glasfaseranschluss, WLAN in allen Klassenräumen, etc.).