Das Fußballcamp für von der Flut betroffene Kinder und Jugendliche ist ein voller Erfolg.

Dienstag, der 3. August 2021,  Sinzig-Koisdorf, oben auf dem Berg mitten in der Natur der Rasenplatz der Sportfreunde Koisdorf. Es regnet in Strömen. So als hätten die Menschen an der Ahr nicht genug an Starkregen, unfassbarer Zerstörung und den Verlust von 140 Menschenleben erlebt. Und immer noch werden Menschen gesucht.

Knapp 60 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren, zweidrittel Jungs, ein Drittel Mädchen, sind auf dem Gelände. Innerhalb von drei Tagen nach der Flut haben Sylvia und Thomas Wittenborg in Eigenregie das Camp für Kinder aus dem Flutgebiet errichtet. Thomas Wittenborg ist Trainer der E-Jugend in Westum. Unterstützt werden er und seine Frau von Erwin Retterath, dem Jugendleiter der JSG Westum/Löhndorf und von den Sportfreunden Koisdorf. Über die sozialen Netze haben die Wittenborgs ihr Angebot unterbreitet. In der schwierigsten Phase der Katastrophe mit der Botschaft durchzudringen, die Kinder aus dem Flutgebiet herauszuholen, war nicht so einfach. Doch dann drang die Idee nach und nach durch. Von Mund zu Mund-Propaganda zeigte sich wieder einmal als die wirksamste Form von Kommunikation. Eltern und Großelter brachten die Kinder auf den Platz nach Koisdorf.

Und als der Fußballverband Rheinland, der eigentlich ein eigenes Camp in Wehr machen wollte, in das bereits bestehende in Sinzig einstieg und als ein sehr willkommener Partner aufgenommen  wurde, da waren die organisatorischen und finanziellen Grundlagen dafür, dass dieses Camp bis zum Ferienende täglich bis zu 100 Kinder aufnehmen kann, endgültig geschaffen.

Seitdem hat Dennis Lamby, 37, seit 2011 Verbandstrainer im Rheinland, in der Jugend bei TuS Koblenz und Bayer Leverkusen und im Seniorenbereich 169 Oberligaspiele für die SpVgg Wirges aktiv, seinen Platz von der Sportschule auf dem Koblenzer Oberwerth in das Camp nach Sinzig verlegt. Bis zu zehn Pädagogen sind im Camp tätig, darunter Eike Mund, früherer Trainer der TuS Mayen und Daniel von Sanden. Der Verlagskaufmann, dessen Kinder beim ABC Ahrweiler spielen, erzählt, dass in diesem Verein die Hälfte aller Trainer und Betreuer von der Katastrophe persönlich betroffen sind.

Bevor das Camp so angenommen wurde wie jetzt, mussten durchaus Vorurteile überwunden werden. Einige Eltern wollten ihre Kinder  nicht  zu einem Fußballtraining geben, wie sie glaubten. Erst als klar wurde, dass es in Koisdorf um mehr als Fußball geht, dass Basteln, Malen, Tanzen, Waldspaziergänge, Gesellschaftsspiele, Sport generell und natürlich auch, wenn gewollt, Fußball auf dem Programm stehen, war der Bann gebrochen. Inzwischen bietet der Verband einen täglichen Bustransfer aus den Hochwassergebieten an, aber die meisten Kinder werden gebracht. Das Camp, das  auch über drei größere Zelte der Barmherzigen Brüder verfügt, findet täglich zwischen 10 Uhr und 16 Uhr statt. Viele Kinder kommen mehrfach und  das ist auch erwünscht. Dass sie nicht aus Fußballvereinen allein kommen müssen versteht sich von selbst. „In dieser Situation geht es nur um die Hilfe für die Kinder und auch für ihre Eltern. Wo sie herkommen spielt keine Rolle“, sagt Walter Desch, Präsident des Fußballverbandes Rheinland.

Inzwischen finden die Eltern das Camp toll. Es hilft auch, Ihnen ein wenig den Rücken freizuhalten. Zweimal die Woche gibt es einen Coronatest für die Kinder. Das ist kein Problem, weil sie es von der Schule her können. In Koisdorf sind auch Kinder, die die Schrecken der Flut in der eigenen Familie erlebten oder die aus Helferfamilien kommen und so die Geschehnisse  mitbekommen haben. Der Verband bietet auch psychologische Betreuung an.   

Was sie an der Ahr erfahren haben, zeige wie endlich alles sei, erzählt Daniel von Sanden. Und Dennis Lamby, der gerade mit Miroslav Klose zusammen den Lehrgang zum Fußballtrainer mit Erfolg absolvierte, schwärmt von der einzigartigen Solidarität, die er aus allen Lebensbereichen heraus erfährt. Was die Fußballvereine wie Sinzig und Koisdorf leisteten, sagt Lamby, sei einzigartig. Und viele andere Vereine leisten auch großartiges. Das gilt auch für viele Privatpersonen, die Sachspenden oder auch Geld in das Camp bringen. Dieser Tage sei eine Lehrerin aus Niedersachen  da gewesen, habe in ihrem Auto auf dem Sportplatz geschlafen und dann  einfach geholfen.

„Man merkt in dieser Zeit, was Fußball auch noch machen kann“, sagt Dennis Lamby. Und ruft die Kinder zum Essen. Nudeln mit Fleischsoße gibt es. Und Bananen und anderes Obst. Und man spürt: es geht den Kindern gut.