Roger Lewentz wird in den kommenden zwei Jahren das Amt als Vorsitzender der Sportministerkonferenz inne haben. Aktuell4U gab er ein exklusives Interview.

Mainz |

Roger Lewentz ist seit mittlerweile zehn Jahren im Amt des Innenministers von Rheinland-Pfalz sowie seit neun Jahren Vorsitzender der Sozialdemokraten im Bundesland. In den kommenden zwei Jahren wird der 57-jährige Lahnsteiner auch den Vorsitz der Sportministerkonferenzes des Bundes inne haben. Im exklusiven Interview mit Aktuell4U spricht Roger Lewentz über seine kommenden Ziele als Vorsitzender, die aktuelle Corona-Situation und die Chancen eines Neu-Beginns. 

Welche Schwerpunkte will Roger Lewentz in den kommenden zwei Jahren als Vorsitzender der Sportministerkonferenz setzen setzen?

Roger Lewentz: Die Corona-Pandemie hat die Bedingungen für den Sport weltweit grundlegend verändert. Was in der jüngeren Vergangenheit vermeintlich gewiss war, erweiste sich binnen weniger Wochen als überholt. Sport mit anderen oder in geschlossenen Räumen musste ebenso wie Sport vor Zuschauerinnen und Zuschauern untersagt werden. Es zeigte sich ein Szenario, das als Fiktion denkbar war, sich in der Gegenwart aber irreal anfühlte. Die Auswirkungen der Corona Pandemie auf den Sport werden weiterhin sehr groß sein. Deshalb sehe ich hier einen sehr wichtigen Themenschwerpunkt.

Bewegung und Sport sind Möglichkeiten des physischen Ausgleichs mit starker Wirkung auf die Psyche. Auch im Hinblick auf eine erfolgreiche Intervention.der Menschen zur Steigerung des persönlichen Wohlbefindens bishin zur Bewusstseinsbildung für einen gesünderen Lebensstil bieten uris Bewegung und Sport optimale Möglichkeiten. Genau diese Ansätze verfolgen wir mit der lnititive der Landesregierung „Rheinland-Pfalz - Land in Bewegung". Für mich ist Bewegung und Sport eine weiterer sehr wichtiger Themenschwerpunkt. Mein besonderes Anliegen mit diesem Themenschwerpunkt ist es Freude und Spaß an Bewegung und Sport möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln und zum Mitmachen aufzufordern. Es steht nicht die Leistung an sich im Vordergrund, sondern der Wunsch nach täglicher Aktivität, die gut tut.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist für mich der bestmögliche Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Im Bereich des organisierten Sports sind alle verantwortlichen Institutionen und Akteure aufgefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Behinderung - systematisch und nachhaltig - schützt und unterstützt. Hierfür ist eine Kultur der Aufmerksamkeit, des Hinsehens und des Handelns notwendig, um einerseits Betroffene, aber auch Personen, die wichtige Hinweise geben können, zum Reden zu ermutigen und andererseits potenzielle Täterinnen und Täter abzuschrecken.

Dabei ist wichtig, das Thema „sexueller Kindesmissbrauch" in den Köpfen aller Akteure im organisierten Sport - von der Verbandsführung bis hin zu Übungsleiterinnen und Übungsleitern, ""'" zu verankern, für das Thema zu sensibilisieren und das entsprechende Problembewusstsein zu schärfen. Dabei müssen auch die Eltern einbezogen werden.

Neben diesen Schwerpunkten beabsichtige ich auch im Themenfeld der „elektronsichen Sportartensimulation -virtuelle Sportarten" die vor neue und große Herausforderungen gestellten Sportorganisationen mit ihren Sportvereinen und Sportverbänden zu unterstützen. Ferner wird sich die Sportminsiterkonferenz verstärkt mit der Inklusion im Sport und Sport für Menschen mit Behinderung sowie dem Dauerbrenner Leistungs- und Spitzensport intensiv beschäftigen.

Die Pandemie verführt zu dem Glauben, der Sport müsse generell innehalten. Aber stecken nicht gerade in dieser Zeit auch Chancen eines Neubeginns?

 

Roger Lewentz: Auch wenn durch den monatelangen Lockdown Sportvereine im Amateur- und Breitensport ihren Mitgliedern nicht ihr gewohntes Sportangebot unterbreiten konnten, so hat dieser Stillstand doch auch kreative Initiativen geschaffen, um mit den hoffentlich nur vorübergehenden Rahmenbedingungen der Corona-Pandemie umzugehen. Neue digitale Möglichkeiten haben zahllose Sportvereine dazu veranlasst, Kontakt zu ihren Mitgliedern zu halten. So wurden Sportangebote in allen Altergruppen per Bildschirm „ins Haus geliefert" und so der Gruppenzusammenhalt vor allem im Kinder- und Jugendbereich gewahrt. Gremiensitzungen wurden per Schaltkonferenzen abgehalten und die Mitglieder über die Entwicklungen und Planungen im Verein auf dem laufenden gehalten.

Ebenso haben sich Vereine dazu entschlossen, ihr Sportangebot auf e-Sport zu erweitern und so neue, vor allem jüngere Mitglieder zu werben und hierdurch attraktiv zu bleibenHier zeigt sich anschaulich, wie flexibel Vereine auf Veränderungen reagieren und wie groß deren Innovationskraft ist. Dieser Anstoß wird- nach meiner Einschätzung zu einer fortschreitenden Digitalisierung im Vereinsleben · führen, wodurch die Arbeit vieler Ehrenamtlicher erheblich erleichtert wird. Ich werde mich dafür einsetzten, dass im nächsten Doppelhaushalt Mittel hierfür bereit gestellt werden, um die Vereine bei diesem Fortschritt zu unterstützen.

Wird es eine Initiative in diesen zwei Jahren geben, die später einmal an ihre Zeit als Vorsitzender der Sportministerkonferenz erinnern soll?

Roger Lewentz: So vermessen bin ich nicht. Mir liegt das Thema Bewegung und Gesundheit besonders am Herzen. Mit der Landesinitiative „Rheinland-Pfalz - Land in Bewegung" versuchen wir die Bürgerinnen und Bürger zu mehr Bewegung und Sport zu animieren. Neben dem organisierten Sport gibt es viele andere Partner, wie z. B. Schulen, Kindergärten und kirchliche Einrichtungen, aber auch die rheinland-pfälzische Landeszentrale für Gesundheitliche Förderung oder die Städte und Gemeinden, die sportliche Aktivitäten in den Focus genommen haben. Gerade in der jetzigen Zeit der Corona Pandemie ist der körperliche Ausgleich sehr wichtig. Dies versuchen wir mit der Landesinitiative „Land in Bewegung" zu unterstützen und zu koordnieren. Trotz der eingeschränkten Möglichkeit des Sporttreibens können wir hier schon kleine Erfolge vermelden. Sollte das Konzept so gut einschlagen, werden wir natürlich· unsere Erfahrungen in die Sportministerkonferenz einbringen. Gemeinsames Ziel ist es die Bürgerinnen und Bürger zu einem bewegteren und damit einhergehend zu einem gesünderen Alltag zu motivieren.

Die Sportvereine zeigen in der Pandemie, dass sie vor allem auch verlässliche Partner im sozialen und gesellschaftlichen Miteinander sind. Sie kümmern sich um ihre Mitmenschen. Kann und wird der Staat dieses Engagement belohnen?

Roger Lewentz: Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz sieht die Sportvereine wie auch alle übrigen gemeinnützigen Vereine als elementare Säulen unseres Gemeinwesens an. Daher hat sie schon nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 reagiert, als erste Hinweise des Landessportbundes auf pandemiebedingte Gefahren für den Fortbestand vieler Vereine kamen. Mit einem umgehend aufgelegten und bis zu 10 Mio EUR ausgestatteten Soforthilfe­ Programm für alle gemeinnützigen Vereine und _ Organiationen wurde eine Sicherung geschaffen, um pandemiebedingte Liquiditätsprobleme aufzufangen und um so lnsolvenzen zu vermeiden. Darüber hinaus hat die Landesregierung im Haushalt 2021 für den organisierten Sport eine Erhöhung der Mittel im pauschalen Aufwendungsersatz und bei den Projektförderungen um rund 1.400.000 EUR vorgenommen. Auch wurden für Vereine mit eigenen Sportstätten die Fördermittel zu deren Sanierung um 400.000 EUR auf jetzt 2.400.000 EUR erhöht. Damit zeigt das Land Rheinland-Pfalz seine Wertschätzung gegenüber den Sportvereinen und anerkennt deren Arbeit für unser Gemeinwesen. Für den Doppelhaushalt 2022/ 2023 werde ich mich zudem für einen weiteren Aufwuchs der Fördermittel einsetzen und so für eine nachhaltige Unterstützung sorgen.