Nach dem Rücktritt von Malu Dreyer nach elf Jahren als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, schlug die SPD-Politikerin ihren bisherigen Arbeitsminister Alexander Schweitzer als ihren Nachfolger vor. Dieser wurde am 10. Juli mit den Stimmen der Regierungskoalition, bestehend aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, und mit drei Stimmen aus der Opposition im rheinland-pfälzischen Landtag zum neuen Ministerpräsidenten des Landes gewählt und anschließend vereidigt.
In der Bevölkerung wurde Unmut darüber geäußert, dass die Wahl des neuen Ministerpräsidenten ohne direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erfolgte. Einige forderten Neuwahlen, um die demokratische Legitimation sicherzustellen. Diese Reaktionen wirken auf den ersten Blick verständlich, jedoch gilt es, die rechtlichen Grundlagen und den Prozess der Amtsübergabe näher zu beleuchten.
Verfassungsmäßige Grundlagen
Gemäß der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz wird der Ministerpräsident nicht direkt vom Volk gewählt, sondern vom Landtag. Dies ist in Artikel 98 der Verfassung von Rheinland-Pfalz geregelt, der besagt:
Der Landtag wählt ohne Aussprache den Ministerpräsidenten mit der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl. - Artikel 98, Absatz 2, Landesverfassung Rheinland-Pfalz
Diese Regelung bedeutet, dass bei einem Rücktritt des amtierenden Ministerpräsidenten der Landtag dazu berechtigt ist, einen Nachfolger zu wählen, ohne dass es zu vorgezogenen Landtagswahlen kommen muss. Dies stellt sicher, dass die Kontinuität der Regierungsarbeit gewahrt bleibt und es nicht zu einer politischen Lähmung kommt.
Der Landtag repräsentiert die Bevölkerung von Rheinland-Pfalz und ist gemäß der Landesverfassung das höchste gesetzgebende Organ. Die Abgeordneten des Landtags werden in regelmäßigen Wahlen von der Bevölkerung gewählt und sind damit direkt legitimiert, Entscheidungen im Namen ihrer Wählerinnen und Wähler zu treffen. Somit handelt der Landtag bei der Wahl des Ministerpräsidenten innerhalb seines verfassungsmäßigen Mandats.
Darüber hinaus hat die Wahl des Ministerpräsidenten durch den Landtag mehrere bedeutende Vorteile gegenüber einer direkten Wahl durch die Bevölkerung. Sie gewährleistet politische Stabilität, fördert fundierte und sachkundige Entscheidungen, reduziert das Risiko von Populismus und spart Kosten. Gleichzeitig stärkt sie die parlamentarische Demokratie und sichert eine effiziente und kontinuierliche Regierungsarbeit.
Ein Beigeschmack bleibt dennoch
Nichtsdestotrotz bleibt ein fader Beigeschmack, da die SPD bei der Landtagswahl 2021 mit der Spitzenkandidatin Malu Dreyer von der Bevölkerung zur stärksten Kraft gewählt wurde und somit Alexander Schweitzer in die nächste Landtagswahl 2026 nun mit einem kleinen Amtsbonus gehen kann. Diese Art der Amtsübergabe ist allerdings nicht neu. Auch Malu Dreyer wurde auf diese Weise 2013 Ministerpräsidentin, nach dem Rücktritt von Kurt Beck. Und nicht nur die SPD bedient sich dieser Vorgehensweise, auch bei der CDU gibt es zahlreiche Beispiele. Von Tobias Hans (Saarland) über Hendrik Wüst (Nordrhein-Westfalen) bis hin zu Boris Rhein (Hessen). Selbst Markus Söder stellte sich erst ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt als Ministerpräsident einer Landtagswahl.
Resümierend bleibt festzuhalten, dass diese Vorgehensweise laut Verfassung und somit politisch und auch demokratisch korrekt ist. Das Grundgesetz bietet den Raum für diese parteipolitischen Spielchen, da die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten eben nicht vom Volk, sondern vom Landtag gewählt werden und das aus gutem Grund.