Bei mehr als 4.000 Mitarbeitern des Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM) wird das Weihnachtsgeld um 70 Prozent gekürzt. Die Ankündigung erreichte die Angestellten per Mail, kurz vor der eigentlichen Auszahlung. Unser Rechtsexperte gibt seine Einschätzung.

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Diese Meldung sorgte gestern für Verstimmung bei mehr als 4.000 Mitarbeitenden des Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM): aus finanziellen Gründen müsse man das Weihnachtsgeld um 70 Prozent kürzen.



Die Ankündigung kam per Mail, kurz bevor das Weihnachtsgeld die Arbeitnehmer erreichen sollte. Wann der fehlende Betrag ausgezahlt werde, sei noch unklar.

Der Frust bei den 4.000 Mitarbeitenden des Gemeinschaftsklinikums mit seinen Standorten in Boppard, Mayen, Koblenz und Nastätten ist groß. Sie fühlten sich - vor allem nach der Corona-Pandemie - nicht wertgeschätzt.

Der Vorsitzende des Konzernbetriebsrates, Christoph Bernhard, bestätigt dies auf Anfrage des SWR. Die Stimmung auf den Informationsveranstaltungen für die Mitarbeitenden sei geprägt gewesen von der Enttäuschung über die Entscheidung der Geschäftsleitung, einen Großteil des Weihnachtsgeldes einzubehalten, heißt es vom Betriebsrat. Er gehe davon aus, dass diese Maßnahme illegal sei, da helfe auch die Argumentation der gestiegenen Energiekosten und ausbleibenden Erlösen nicht.



Aktuell4u.de fragte Arbeitsrechtler Friedrich Dittmann nach seiner Einschätzung:

Der Umgang mit Weihnachtsgeld nach Gutsherrenart ist für Arbeitgeber nicht möglich, so Dittmann. Die Energiekrise und weitere Kostenlasten lösten bei vielen Arbeitgebern Sparmaßnahmen aus. Die Sonderzahlung zum Jahresende sei bei den Arbeitnehmern regelmäßig fest eingeplant und sie verlassen sich darauf.
Dittmann rät, den Arbeitsvertrag zu prüfen, ob die Sonderzahlung etwa im Vertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag geregelt ist. Wenn der Anspruch dokumentiert ist, besteht die Pflicht zur Zahlung. Bei einem tarifvertraglichen Anspruch, könnte der Arbeitnehmer nicht einmal wirksam verzichten.

Bei der Vereinbarung eines 13. Gehaltes sei der Anspruch auch eindeutig. Ein Anspruch kann sich auch aus der sogenannten betrieblichen Übung ergeben. Zahlt ein Arbeitgeber mindestens drei Jahre in Folge allen seinen Beschäftigten ohne Vorbehalt, entsteht daraus ein vertraglicher Anspruch.
Die einzige Option die der Arbeitgeber hat: Im Vertrag steht, dass die Zahlung freiwillig erfolgt und auch wiederholte Zahlungen keine Ansprüche für die Zukunft auslösen. Selbst das geht nach der Rechtsprechung  des Bundesarbeitsgericht nur dann, wenn keine konkrete Zahl im Vertrag steht und in der Praxis , die Zahlungen unregelmäßig sind..

Dittmann weiter: Die Arbeitgeber sind bei der Gestaltung des Weihnachtsgeldes auch an den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Eine Differenzierung ist nur aus sachlichen Gründen denkbar. Für die willkürliche Auswahl gibt es keine Grundlage. Auch Teilzeitbeschäftigten steht eine Sonderzahlung zu. Sie berechnet sich im Verhältnis der jeweiligen reduzierten Arbeitszeit zur Gesamtzeit der Vollbeschäftigten.
Soweit die Zahlung trotz Vereinbarung oder betrieblicher Übung ausbleibt, können Arbeitnehmer nach erfolgloser Mahnung beim Arbeitsgericht klagen. Dabei sollten man geflissentlich die Verjährungsfrist (3 Jahre), sowie eventuelle arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Ausschlussfristen beachten.
Ein guter Plan sei auch die Hinzuziehung eines Fachanwaltes für Arbeitsrecht., obwohl Im Arbeitsgerichtsverfahren jede Partei unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in der ersten Instanz seine Kosten selbst zahlen muss, so Dittmann abschließend.