Die Bundestagswahlen liegen nun zwei Wochen zurück. Aktuell4u blickt auf den Stand der Sondierungsgespräche.

Wer wird Deutschland in Zukunft regieren? Diese Frage stellen sich zurzeit Millionen Bürger*innen. Ist eine Jamaika-Koalition ausgeschlossen oder gibt es noch Hoffnung für Armin Laschet. Sicher scheint nur, dass Grüne und FDP Teil der Regierung sein werden und somit eine erneute GroKo verhindern. Aktuell4u blickt auf den Stand der Sondierungsgespräche.

Vor zwei Wochen hat Deutschland gewählt. Die SPD hat die Wahl mit 25,7 Prozentpunkten gewonnen, was einen Gewinn von mehr als fünf Prozent ergibt. Nur die Grünen haben ein paar Wählerstimmen mehr dazu gewonnen und liegen mit 14,8 Prozentpunkten auf dem dritten Platz. Großer Verlierer der Bundestagswahl war die Union mit 8,8 verlorenen Prozentpunkten. Dennoch sah Armin Laschet in dem Ergebnis seiner Partei einen klaren Regierungsauftrag der Bevölkerung. Dem Widersprachen die Sozialdemokraten um Olaf Scholz, die den Regierungsauftrag bei den Wahlgewinnern, SPD, Grüne und FDP, sehen.

Jamaika: Laschets letzte Hoffnung

In den Tagen nach der Wahl wurde aus dem Regierungsauftrag, den Laschet am Wahlsonntag noch sah, ein Regierungsanspruch seiner Partei. Schnell gab es erste Gegenstimmen aus den eigenen Reihen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer äußerte sich zuerst und sieht die Rolle der Union künftig in der Opposition. Solche Stimmen mehrten sich. Auch die Rufe nach einem Rücktritt Laschets wurden lauter. Dennoch hielt dieser an der Regierungsbildung einer Jamaika-Koalition aus Union, Grüne und FDP fest. Schließlich folgten die ersten Sondierungsgespräche, zunächst zwischen FDP und Grüne, die Richtlinien für die Gespräche mit SPD und Union festlegten. Anschließend wurden Gespräche zwischen allen Parteien geführt.

Union schießt sich selbst aus dem Rennen

Nach etwas mehr als einer Woche stand fest: FDP und Grüne werden Dreiergespräche mit der SPD aufnehmen. Einer der Gründe war, dass beteiligte Unions-Politiker*innen Informationen aus den Sondierungsgesprächen an die BILD-Zeitung weitergegeben haben, was von Grünen und FDP als Vertrauensbruch angesehen wurde. Somit schoss sich die Union selbst ins Aus. Die Frage die sich stellt: Wurden die Informationen mit Absicht durchgegeben, um eine Kanzlerschaft Laschets zu verhindern? Denn klar ist: Laschet muss Kanzler werden, um den Parteivorsitz zu behalten. Ansonsten steht eine radikale Neuaufstellung der Union auf dem Plan.

Laschet: Der Mann mit den vielen Jobs bald ohne Job?

Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Vorsitzender der CDU und Kanzlerkandidat der Union. Als all dies konnte sich Armin Laschet in den vergangenen Wochen bezeichnen. Das er das Amt als Ministerpräsident nach der Wahl aufgeben wird, stand schon länger fest. Vergangene Woche gab Laschet seinen bisherigen Verkehrsminister Hendrik Wüst als Nachfolger bekannt. Die fleischgewordene Kreuzung aus Jens Spahn und Andreas Scheuer muss sich nun in der Partei und im Parlament zur Wahl stellen lassen. Auch wenn Grüne und FDP sich nun für Gespräche mit der SPD ausgesprochen haben, steht Armin Laschet weiterhin für Jamaika bereit. Sein bayrischer Konkurrent Markus Söder hat hingegen alle Hoffnungen auf eine von der Union geführten Regierung begraben. Auch das zeigt die innere Zerrissenheit der Union, wobei Laschet nahezu alleine dasteht. Für die personelle Erneuerung der Partei hat der (Noch-)Vorsitzende einen Sonderparteitag einberufen. Von einem persönlichen Rücktritt hat er noch nicht gesprochen.

Das Hampelmännchen: Schlechter Verlierer oder zu Unrecht eine Witzfigur?

Armin Laschet musste in den vergangenen Wochen medial einiges über sich ergehen lassen. Doch trug er mit seinem Handeln selbst zu seinem derzeitigen Standing als "Witzfigur der Nation" bei. Angefangen mit seiner Lehrtätigkeit an der RWTH Aachen, als er verlorengegangene Klausuren nach Belieben bewertete. Auch im Wahlkampf häuften sich die Fehltritte. Diverse Lügen um seinen Standpunkt zur gleichgeschlechtlichen Ehe oder die angebliche Razzia im Finanzministerium, um Olaf Scholz zu schaden. Auch sein unseriöses Auftreten im Kinder-Interview bei "Late Night Berlin" bleibt nicht positiv im Gedächtnis. Am meisten manifestiert hat sich jedoch sein Lachen beim Besuch im Ahrtal nach der Flutkatastrophe im Juli. Natürlich hat auch jeder von uns schon mal in unpassenden Momenten gelacht, allerdings möchte auch nicht jeder von uns Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden. Es gibt aber auch Dinge, die man Laschet zugutehalten muss. Er hat den Weg frei gemacht für eine Zukunftskoalition aus SPD, Grüne und FDP und somit das von Annalena Baerbock oft zitierte "bräsige Weiter so" beendet. Außerdem hat er einen Kanzler Söder und einen CDU-Vorsitzenden Merz verhindert. Zumindest vorerst. Unterm Strich kann sich jeder selbst eine Meinung zu Armin Laschet bilden, klar ist nur: er hat die Wahl verloren und das sollte er sich auch eingestehen.

Die Ampel: Experten-Koalition oder doch zu unterschiedlich?

Nun deutet also alles auf eine Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP hin. Drei Parteien, die noch einige Hürden zu überwinden haben. Vor allem bei den Themen Steuererhöhung, Mindestlohn und Tempolimit besteht noch Uneinigkeit. Übereinstimmung gibt es bei der Digitalisierung und der Modernisierung. Außerdem ist allen Beteiligten klar, dass die Klimapolitik die wichtigste Aufgabe der neuen Bundesregierung sein wird. Auf den Pressekonferenzen nach den Gesprächen wird immer wieder die Konstruktivität und das vertrauensvolle Miteinander betont. Immer wieder geht der Begriff der „Experten-Koalition“ durch die Medien. FDP-Chef Christian Lindner hat bereits vor der Wahl Anspruch auf das Finanzministerium erhoben, von wo aus er einiges regulieren kann und spricht nach den ersten Gesprächen schon von einer „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“. Doch wie werden die übrigen Posten besetzt? Wer kommt infrage, wenn von einer Expertenregierung die Rede ist? Martin Schulz als Außenminister? Cem Özdemir als Innen- oder Verkehrsminister? Volker Wissing als Wirtschaftsminister? Robert Habeck als Verteidigungsminister? Kevin Kühnert als Arbeitsminister? Und welche Rolle spielt Annalena Baerbock? Die kommenden Wochen werden Aufschluss geben.

Was passiert, wenn die Ampel-Koalition scheitert?

In diesem Szenario stünde noch immer Armin Laschet für eine Jamaika-Koalition bereit, obwohl die Gerüchte lauter werden, dass in diesem Fall Markus Söder zum Kanzler gekürt werden soll. Der bayrische Ministerpräsident genießt höhere Beliebtheitswerte und Armin Laschet wird die Hauptschuld am schlechten Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl gegeben. Die Grünen haben sich jedoch auch schon deutlich gegen eine Regierungsbildung mit der Union ausgesprochen. Somit würde wieder nur eine Große Koalition übrigbleiben. Doch das will wohl keiner.