Eine Übersicht und ein Kommentar zu den Ergebnissen der Sondierungsgespräche.

Die Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grüne und FDP sind zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen. Nun wird innerhalb der Parteien über die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen abgestimmt. Dies gilt jedoch nur als Formalität. Aktuell4u wirft einen Blick auf die Ergebnisse der Sondierungsgespräche und ordnet diese ein.

Die Sondierungsgespräche sind beendet und alle Beteiligten sind sich einig: es wird Koalitionsverhandlungen geben. Auf folgende Punkte haben sich SPD, Grüne und FDP geeinigt:

  • Finanzen und Steuern: Es wird keine Steuererhöhungen geben – weder Einkommens- noch Unternehmens- oder Mehrwertsteuer werden erhöht. Auch eine Vermögenssteuer wird nicht eingeführt. Die Sondierungsparteien wollen zudem an der Schuldengrenze festhalten. Dies bedeutet, dass der Staat nicht mehr ausgeben darf, als durch Steuern eingenommen wird.
  • Klima: Die Klimapolitik nimmt einen großen Teil des Sondierungspapiers ein. Unter anderem soll der Kohleausstieg möglichst vor 2030 erfolgen. Es gibt jedoch auch weitere konkrete Zielsetzungen.
  • Tempolimit: Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen wird es auch zukünftig nicht geben.
  • Arbeit und Soziales: In einer möglichen Ampel-Koalition soll eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro erfolgen. Die Arbeitslosensicherung Hartz IV soll durch ein Bürgergeld ersetzt werden. Außerdem soll es keine Rentenkürzungen geben und das Renteneintrittsalter nicht angehoben werden. Die Minijob-Grenze soll auf 520 Euro, statt bisher 450 Euro, erhöht werden.
  • Wahlrecht: Für die Bundestagswahl und die Wahl des EU-Parlaments soll eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre erfolgen. Außerdem soll das Wahlrecht im Allgemeinen überarbeitet werden.
Welche Partei hat sich in welchen Punkten durchgesetzt?
  • Finanzen und Steuern: In diesem Punkt ist ganz klar die Handschrift der FDP zu erkennen. SPD und Grüne warben im Wahlkampf für eine Vermögenssteuer. Auch die Schuldenbremse wollten die Grünen auflockern.
  • Klima: Der Klimaschutz ist das Herzstück der Grünen-Politik. Hier konnten sie entscheidende Punkte ihres Wahlkampfs durchsetzen. Aber auch die FDP konnte sich einen Wunsch erfüllen: so wird die EEG-Umlage, durch welche der Verbraucher in den Stromkosten den Ausbau an erneuerbaren Energien unterstützte, gestrichen.
  • Tempolimit: Auch hier setzte sich die FDP durch, mit dem Argument der „Symbolpolitik“. SPD und Grüne warben im Wahlkampf für ein Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen.
  • Arbeit und Soziales: In diesem Punkt ist erstmals deutlich die Handschrift der SPD zu erkennen. Die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro war für Olaf Scholz eine Bedingung für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Hier ging die FDP einen Kompromiss ein, um den Einstieg in die Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente durchzusetzen. Bei der Ersetzung von Hartz IV durch ein Bürgergeld wurden Teile des Wahlprogramms der SPD in das Sondierungspapier wortwörtlich übernommen.
  • Wahlrecht: Bei dieser Thematik waren sich alle Parteien einig. Schon im Wahlkampf wurde einstimmig für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre geworben.
Sondierungspapier: Das sagen die zukünftigen Oppositionsparteien

Die Linkspartei sieht ganz klar Christian Lindner und die FDP als Gewinner der Sondierungsgespräche. Als Gründe dafür nennt die Partei die Kippung der Vermögenssteuer, die Kapitalisierung der Rente, einen unwirksamen Mieter*innenschutz, sowie die Tatsache, dass die Bürgerversicherung nicht eingeführt wird. Dietmar Bartsch, Spitzenkandidat der Linkspartei im Wahlkampf beurteilt das Papier folgendermaßen: „Das Sondierungsergebnis liest sich wie ein Buch der edlen Vorhaben – wenig Konkretes, viel Lyrik.“ Die Union stellt vor allem die Frage nach der Finanzierung der Vorhaben. „Fast alle Ausgabenwünsche werden erfüllt, es wird aber nirgendwo belastbar gesagt, wie das alles bezahlt werden soll“, so CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus.

Fazit: Die FDP als klarer Gewinner der Koalitionsgespräche

Bei nahezu allen der genannten Punkte konnte sich die FDP mit ihren Forderungen durchsetzen. Vor allem bei den Themen Finanzen, Steuern und Tempolimit haben SPD und Grüne ihre Ziele aus dem Wahlkampf nicht durchsetzen können. Dennoch schreit das Sondierungspapier geradezu nach Klimaschutz und Modernisierung. Dafür muss jedoch viel Geld in die Hand genommen werden. Da stellt sich schon die Frage, wie alles finanziert werden soll, wenn es keine Einnahmen durch Steuererhöhungen geben wird und auch an der Schuldenbremse festgehalten werden soll.

Grundsätzlich ist es schon erstaunlich, dass die Partei, die im neuen Bundestag prozentual am schwächsten vertreten sein wird, als Gewinner aus den Sondierungsgesprächen heraus geht. Oder ist es für SPD und Grüne Gewinn genug, die FDP von Koalitionsverhandlungen überzeugt zu haben? Interessant wird es auch zu sehen sein, wie sich die Ergebnisse der Sondierungsgespräche auf die Koalitionsverhandlungen auswirken. Muss die FDP dadurch bei der Verteilung der Ministerposten zurückstecken? Verliert Christian Lindner sein geliebtes Finanzministerium vielleicht doch an Robert Habeck? Die kommenden Wochen werden Aufschluss geben.