Mit PSVR 2 will Sony auf der PlayStation 5 eine neue VR-Generation einläuten. Wir haben das Hightech-Headset und erste Spiele in der virtuellen Realität ausprobiert.

 Name: PlayStation VR
Genre: Hardware
Entwickler: Sony Interactive Entertainment
Publisher: Sony
Plattform: PlayStation 5 (getestet)
Veröffentlichung: 22.02.2023
Preis: ab 599,99 Euro

Am 22. Februar hat Sony eine neue VR-Generation auf der Konsole eingeläutet: Im Vergleich zum Vorgängermodell wurde nicht nur die Technik mit hochauflösenden Linsen und einem Inside-Out-Tracking massiv aufgebohrt, sondern auch Handhabung und Aufbau sollen mit neuen Sense-Controllern und weniger Kabelgewirr spürbar verbessert werden. Wir haben das neue Headset an der PlayStation 5 ausprobiert. Lohnt sich die Anschaffung oder sollte man sich lieber noch etwas gedulden?

Eine große Investition, aber trotzdem günstig

Der Preis von knapp 600 Euro für das neue VR-Headset inkl. zwei Controllern hat es auf den ersten Blick in sich. Eine Zusatz-Hardware, die mehr kostet als die PlayStation 5, die man selbstverständlich ebenfalls noch zur Verwendung der Hightech-Brille benötigt? Das ist gewagt und  die nötige Investition in das neue VR-Erlebnis dürfte viele potenzielle Käufer zunächst abschrecken.

Wirft man dagegen einen Blick auf die technischen Daten, relativiert sich der hohe Preis: PSVR 2 ist mit einem OLED-Display ausgestattet, das eine Panel-Auflösung von 2000 x 2040 Pixeln pro Auge bietet. Gerade im Vergleich zum Vorgängermodell mit seinen eher mageren 960 x 1080 Bildpunkten pro Auge ist das ein gewaltiger Sprung, durch den das Bild deutlich an Schärfe gewinnt und man den so genannten Fliegengitter-Effekt kaum noch bemerkt. Wie beim ersten Headset ist der Mura-Effekt dagegen unter Umständen sichtbar – besonders in besonders hellen oder dunklen Szenen hat man dabei das Gefühl, dass eine Art Schleier über das Bild gelegt wird. Gestört hat es mich aber nicht.

Augen-Tracking als Game Changer

Während man am PC oder Standalone-Geräten schon länger mit solchen Spezifikationen verwöhnt wird, setzt Sony mit dem integrierten Augen-Tracking aber noch einen oben drauf: Wie der Name verrät, erfassen hier kleine Kameras im Inneren der Brille die Blickrichtung des Nutzers. Das kann nicht nur die Menü-Navigation erleichtern, sondern ermöglicht auch einen technischen Kniff namens „Dynamic Foveated Rendering“. Dies ermöglicht es der Grafikengine, das Bild nur dort mit maximalen Details darzustellen, wo der Nutzer gerade hinschaut. Alle anderen Bereiche werden dagegen nur in abgespeckter Form mit niedrigerer Bildqualität berechnet, um Hardware-Ressourcen einzusparen. Darüber hinaus ermöglicht das Eye Tracking sogar Innovationen im Spieldesign: In der kommenden Horror-Achterbahn The Dark Pictures: Switchback werden sich manche der Monster nur dann bewegen, wenn der Spieler blinzelt – krass!

Kräftige Farben und toller Kontrast

Eigentlich findet sich diese Technologie nur in hochpreisigen VR-Brillen wie der HP Reverb G2 Omnicept Edition, die über 1200 Euro zu Buche schlagen. Dass Sony sein PSVR 2 inklusive Augen-Tracking zu diesem Preis anbietet, ist daher schon eine kleine Sensation. Ebenfalls bemerkenswert ist die Tatsache, dass man erstmals HDR, also das erweiterte Farbspektrum, in der virtuellen Realität genießen darf. Vor allem in Kombination mit dem OLED-Display, das sich durch einen sehr guten Kontrast mit kräftigen Farben und einen famosen Schwarzwerte auszeichnet, erlebt man hier großartige Lichteffekte, bei denen man aufgrund der Helligkeit beim Blick in die virtuelle Sonne sogar manchmal die Augen zusammenkneifen muss. Umgekehrt sind dunkle Szenen auch wirklich dunkel. In diesem Zusammenhang leistet der überarbeitete Lichtschutz an der Vorderseite ebenfalls einen Beitrag, der das Tageslicht oder Zimmerlampen erstaunlich effektiv aussperrt.  

Auf der Suche nach dem „Sweetspot“

Bei der Konstruktion von PSVR 2 hat sich Sony merklich am Vorgängermodell orientiert und setzt erneut auf eine so genannte Halo-Strap-Lösung. Dabei wird der Kopf mittels Stellschraube eingeklemmt, um einen guten Halt zu gewährleisten. Das mag sich zunächst nach schmerzhafter Folter anhören, doch dank der weichen Luftpolster an Stirn und Hinterkopf gehört PSVR 2 tatsächlich zu den bequemsten und komfortabelstes VR-Headsets überhaupt. Mit etwa 560 Gramm ist es außerdem erfreulich leicht und überzeugt insgesamt mit einer guten Gewichtverteilung. Ist das Headset angelegt, muss man anschließend nur noch das Visier an die Augen heran schieben und darf jetzt auch zusätzlich den Linsenabstand mit einem Stellrad anpassen. Brillenträger dürfen angesichts dieses Aufbaus erneut aufatmen, denn wie beim Vorgänger bietet auch PSVR 2 genug Platz, um auch mit Brille in die virtuellen Welten einzutauchen.

Etwas schwieriger gestaltet sich allerdings die Suche nach dem „Sweetspot“ - also der Position, in der das Bild am schärfsten ist. Hier muss man mitunter etwas länger das Headset und Visier in alle Richtungen bewegen, bis man diesen idealen Punkt erwischt. Mit 110 Grad ist das Sichtfeld ordentlich und etwas größer als beim ersten PSVR, aber kleiner als bei der Valve Index, die mit satten 130 Grad aufwarten kann.  

Simple Einrichtung ohne Kabelsalat

War die Einrichtung des Vorgängermodells mit seiner externen Prozessorbox mit separater Stromversorgung, dem Durchschleifen des HDMI-Signals, dicken Verbindungskabeln und der nötigen nötigen Kamera samt Move-Controllern ein einziger Krampf, wird PSVR 2 nur mit einem einzigen dünnen, 4,5 Meter langen USB-C-Kabel mit der PS5 verbunden. Das dürfte manchen Leuten dennoch sauer aufstoßen, denn bei Mitbewerbern darf man mittlerweile schon die kabellose VR-Freiheit genießen. Persönlich ist mir jedes Kabel lieber als mich auf Hardware und Plattformen von Konzernen wie Meta einzulassen. Darüber hinaus bietet die Verkabelung außerdem Vorteile hinsichtlich der Latenz. Trotzdem kann die Schnur vor allem bei bewegungsintensiven Anwendungen wie Sport- und Fitnessspielen lästig werden. Ärgerlich zudem, dass das Kabel fest mit dem Headset verbaut ist. Sollte es bei einem fatalen Fehltritt z.B. zu einem Kabelbruch kommen, muss hier also das komplette Gerät zur Reparatur eingeschickt werden. Schön dagegen, dass man als Alternative zu den mitgelieferten Ohrstöpseln auch eigene Kopfhörer mit 3,5mm-Klinke im Headset einstecken kann. Selbst diverse Over-Ear-Kopfhörer, die ich im Zusammenspiel mit PSVR 2 getestet habe, harmonierten wunderbar mit der Kontruktion des Headsets.

Einen positiven Eindruck hinterlässt auch die allgemeine Einrichtung, die super simpel und teilweise sogar angenehm verspielt aufällt. Im Handumdrehen sind die beiden Sense-Controller einsatzbereit, nachdem sie für die erste Nutzung per Kabel an der Konsole registriert wurden und auch das anschließende Scannen der Umgebung inkl. virtuellem Sicherheitskäfig und die Erfassung von Pupillenabstand sowie Eye Tracking funktionieren angenehm flott. Ein großer Fortschritt des neuen Headsets besteht außerdem darin, dass keine externe Kamera mehr für das Tracking von Kopf- und Controllerbewegungen mehr benötigt wird. Stattdessen sind die Tracking-Kameras jetzt direkt im Gerät verbaut und bestimmen anhand der realen Umgebung die Position von Headset und Controllern. Schöner Nebeneffekt: Mit einer Taste an der Unterseite lassen sich die Kameras auch dazu nutzen, um die virtuelle Realität zu verlassen ohne die VR-Brille absetzen zu müssen.  

Sense-Controller statt Move-Gefrickel

Gerade im Vergleich zu den alten Move-Controllern und den damit verbundenen Einschränkungen bei Tracking und Ausstattung erweisen sich die Sense-Controller als Segen und sind ebenfalls ein zentraler Baustein der Next-Gen-VR-Erfahrung. Sie liegen hervorragend in der Hand, bieten neben Knöpfen jeweils einen Analogstick mit langem Hebelweg und sind genau wie der DualSense-Controller der PS5 mit einem haptischen Feedback sowie adaptiven Triggern ausgestattet. Sogar das Headset selbst bietet ein haptisches Feedback: Baut man z.B. bei Gran Turismo 7 einen Unfall, werden die Kollisionen mit Vibrationen am Kopf regelrecht spürbar! Ein echtes Finger-Tracking gibt es zwar hier nicht, aber zumindest registrieren die Controller die Berührungen der Finger – besser als nichts. Nur einen großen Nachteil gibt es: Je nach Spiel müssen die Controller nach vier bis fünf Spielstunden wieder aufgeladen werden, doch sind die Akkus nach etwa 30 Minuten wieder voll.

Keine Abwärtskompatibilität, aber überzeugender Vorgeschmack

Der Erfolg einer Hardware steht und fällt bekanntlich mit der Softwareunterstützung. In dieser Hinsicht mussten VR-Fans schon die erste Hiobsbotschaft verdauen: Aufgrund der modernen Tracking-Technologie von PSVR 2 können die Spiele der ersten VR-Generation nicht mit dem neuen Headset verwendet werden! Manche Entwickler bieten daher kostenlose Updates für ihre VR-Titel an (Job Simulator, Synth Riders), verlangen einen geringen Aufpreis (Thumper, 5 Euro) oder bitten Spieler erneut zur Kasse, um den Vollpreis zu zahlen (Rez: Infinite, Tetris Effect: Connected). Manche VR-Spiele der PS4-Generation werden sich dagegen vermutlich niemals mit PSVR 2 nutzen lassen. Spannend dürfte es auf jeden Fall werden, wie bei der bereits angekündigten Umsetzung des Megahits Beat Saber verfahren wird.

Zum aktuellen Zeitpunkt lässt die Spielebibliothek hinsichtlich Umfang noch etwas zu wünschen übrig und besteht zum großen Teil aus Umsetzungen alter PSVR-Games. Allerdings versichert Sony, dass sich bereits über 70 weitere VR-Titel für die neue Brille in Entwicklung befinden. Ob sich die teure Anschaffung deshalb jetzt schon lohnt? Immerhin gibt es bereits ein paar erste Highlights, die einen überzeugenden Vorgeschmack auf die Zukunft von PSVR 2 liefern: Resident Evil Village entfaltet die Horrormomente gefangen in der virtuellen Realität nochmal deutlich intensiver und bietet völlig neue Interaktionsmöglichkeiten, das stylische Musikspiel Synth Riders liefert dank Roomscale einen größeren Bewegungsradius und das Paddelspiel KayakVR: Mirage begeistert mit einer fotorealistischen Umgebung, die alleine schon einen Kauf als imposante Tech-Demo rechtfertigen würde. Nicht minder beeindruckend sind das VR-Fahrerlebnis und der Schauraum im Rennspiel Gran Turismo 7 – einen detaillierten Bericht dazu gibt es hier.

Und auch der VR-Ableger Horizon Call of the Mountain zeigt mit seinen Klettermechaniken, Bogenschießen und einer phänomenalen Grafik, wohin die Reise geht. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich das Headset nicht nur beim Tragen, sondern auch beim Spielen durch einen fantastischen Komfort auszeichnet. Während mir bei anderen Headsets vor allem bei Bewegungen im 3D-Raum schon mal etwas flau im Magen werden kann, habe ich hier selbst nach Stunden keine Anzeichen von der Motion Sickness bemerkt. Trotzdem: Jeder Mensch reagiert anders auf das VR-Erlebnis. Potenzielle Käufer sollten es also nicht nur ausprobieren, um sich selbst von der Faszination zu überzeugen, sondern auch um zu sehen, ob man es auch verträgt.

Fokus auf Spiele, Einschränkungen im Kino-Modus

Der Schwerpunkt von PSVR 2 liegt zum Start eindeutig auf den Spielen, auch wenn die ganz große Neuheit im Launch-Lineup noch fehlt und hoffentlich bald weitere große Spiele vom Kaliber eines Resident Evil oder hochwertig produzierte VR-Ableger wie Horizon folgen. Während Sony zum Start vom ersten PSVR das Spieleangebot mit Apps zum Anschauen von VR-Filmen, VR-Musikvideos und dem VR-Ableger von Youtube flankierte, wird man auf der PS5 aktuell noch nicht mit diesen zusätzlichen Erlebnissen bedient.

Der Kinomodus ist allerdings vorhanden: Mit ihm lassen sich z.B. Filme von Disk oder Streaminganbietern wie Netflix oder Disney+ auf eine virtuellen Leinwand anschauen, deren Größe man in den Optionen per Schieberegler einstellen darf. Auch normale „2D-Spiele“ lassen sich auf diese Weise zocken. Allerdings gibt es eine seltsame Einschränkung bei der Verwendung von Nicht-Spiele-Apps und Disk-Filmen: In diesem Fall erfolgt die Tonausgabe ausschließlich über einen Kopfhörer, der ans Headset angeschlossen sein muss. Warum? Was spricht dagegen, sich einen Film unter dem Headset in Kombination mit einer fetten Soundanlage anzusehen? Darüber hinaus gibt es im Gegensatz zum ersten PSVR hier nicht länger die Möglichkeit, 3D-Filme im Kinomodus zu nutzen – kein Wunder, denn die PS5 unterstützt generell keinen 3D-Support bei Filmen, obwohl Sony zu PS3-Zeiten noch ein Vorreiter und Verfechter der Technologie war.

Fazit

Unterm Strich liefert Sony mit PSVR 2 aber ein beeindruckendes Headset ab, das im Vergleich zum Vorgängermodell einen gewaltigen Schritt nach vorne macht und tatsächlich eine neue VR-Generation auf Konsolen einläutet. Das Erlebnis ist phänomenal, hat aber seinen Preis: Zwar ist die VR-Brille angesichts der verbauten Technik mit Augen-Tracking & Co das Geld wert, aber trotzdem dürften knapp 600 Euro ein großes Argument gegen die Anschaffung sein. Um Skeptiker zu überzeugen, braucht es aber vor allem ein beeindruckendes und breit gefächtertes Softwareangebot – hier müssen den Versprechen möglichst bald große Taten folgen. Eine PSVR2-Umsetzung von Half Life: Alyx wäre ein guter Anfang. 

 Worum geht’s?

Bei PlayStation VR 2 (kurz: PSVR 2) handelt es sich um das Nachfolgemodell der ersten VR-Brille für die PlayStation 4, die 2017 von Sony veröffentlicht wurde und sich mit einem Adapter auch an der PS5 verwenden ließ. PSVR 2 funktioniert dagegen ausschließlich mit der aktuellen PlayStation-Konsole und soll dabei mit hochmoderner Technik wie Eye Tracking sowie hochauflösenden OLED-Displays eine neue VR-Generation einläuten.

PSVR 2 ist geeignet für Spieler, die...

    • immersiv in Videospiele eintauchen wollen
    • ein technisch fortschrittliches VR-Headset suchen
    • genügend Platz in der Bude haben, um sich frei zu bewegen


Dead Space ist weniger geeignet für Spieler, die...

    • ihre alte PSVR-Bibliothek weiter nutzen möchten
    • sich kabellos in virtuellen Welten bewegen wollen
    • schnell unter Motion Sickness leiden

Alternativen: PSVR (1), Valve Index, Pico 4