Mit A Highland Song laden die inkle Studios zu einer abenteuerlichen Reise durch die schottischen Highlands ein. Im Test erfahrt ihr, ob sich der Trip lohnt!

 Name: A Highland Song
Genre: Musik-Erkundung-Platformer
Entwickler: inkle Studios
Publisher: inkle Studios
Plattform: PC (getestet), Switch
Veröffentlichung: 05.12.2023
Preis: ab 15,99 Euro

Mit A Highland Song laden die inkle Studios zu einer abenteuerlichen Reise durch die schottischen Highlands ein, in der man nicht nur viel über die Geschichte des Landes, sondern auch die Hintergründe der jungen Hauptfigur Moira erfährt. Gelingt die Mischung aus 2D-Plattformer, Musikspiel und Erkundung inklusive leichten Survival-Ansätzen? Der Reisekoffer für den Test ist gepackt…

Spiele der besonderen Art

Fans narrativer Spiele dürften die inkle Studios bereits seit ein paar Jahren auf dem Zettel haben: Das Duo aus Jon Ingold und Joseph Humfrey erregte erstmals 2013 mit dem mobilen Abenteuer Sorcery! größere Aufmerksamkeit, von dem mittlerweile sogar drei weitere Teile erschienen sind. Es folgte mit 80 Days eine interaktive Erzählung inspiriert vom berühmten Roman „In 80 Tagen um die Welt“ aus der Feder von Jules Verne, die sogar als „Spiel des Jahres“ vom berühmten Time Magazine ausgezeichnet wurde. Neben dem verspielten Krimi „Overboard!“, in dem man in der Rolle einer Gemahlin den Mord am eigenen Ehemann an Bord eines Schiffes vertuschen muss, bot vor allem Heaven’s Vault ein außergewöhnliches Erlebnis: In der Rolle einer Archäologin mussten Spieler eine verloren gegangene Sprache dechiffrieren – ein Traum für alle verspielten Linguisten!

Sechs Tage, sieben Nächte

Für A Highland Song mischen die inkle Studios jetzt ihr Faible für das Narrative mit Zutaten aus dem Plattformer- und Musikspiel-Genre sowie Survivalelementen. Dabei sollte man sich jedoch nicht von dem heiteren Trailer täuschen lassen: Das hier ist kein spaßiges Jump’n’Run im Stil von Super Mario, kein Takt-Hüpfer wie Bit.Trip Runner, aber zum Glück auch kein Hardcore-Überlebenskampf mit Roguelite-Frust. Nein, A Highland Song überzeugt mit einer ganz eigenen Mischung, bei der es zwar durchaus auf Geschicklichkeit ankommt, ein gutes Taktgefühl nicht schaden kann und man mit Blick auf die Witterung oder schmerzhafte Stürze die Lebensleiste im Auge behalten sollte. Aber im Kern steckt das Erlebnis der Erkundung der wilden Highlands mit ihren vielen Hügeln, Bächen, Seen, Felsen und Wäldern. Dazu bedarf es hier keiner offenen 3D-Welt, denn auch die zweidimensionale Wanderung lädt angesichts der zahlreichen Verzweigungen und Ebenen zum Verirren bei. Daher gut, dass man auf dem Weg immer wieder Karten findet, auf denen besondere Orte markiert sind. Im Gegensatz zu vielen modernen Spielen wird man hier allerdings nicht automatisch zum Ziel geleitet, sondern muss sich mit Hilfe einer Zoom-Funktion selbst einen Überblick verschaffen und sich an den Abbildungen auf den Karten orientieren, um den gesuchten Punkt in der weitläufigen Landschaft zu entdecken. Was am Anfang noch kinderleicht erscheint, gestaltet sich zunehmen wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Darüber hinaus findet man weitere Gegenstände, die zwar in einem Inventar landen, aber nicht wie üblich miteinander kombiniert werden dürfen. Welchen Nutzen sie schließlich haben und wo sie eingesetzt werden können, muss man selbst durch Experimentieren herausfinden. 

Ähnlich verhält es sich mit der fragmentiert erzählten Geschichte, bei der man nicht nur Einblicke in die Historie von Schottland erfährt, sondern zunehmend Einblicke in die mitunter tragischen familiären Hintergründe der 15-jährigen Moira bekommt, die von zu Hause wegläuft, um zum ersten Mal in ihrem Leben das Meer zu sehen und ihren Onkel Hamish an einem alten Leuchtturm an der Küste zu treffen. Dafür bleiben ihr allerdings nur sechs Tage Zeit, um sich durch die verzweigten Highlands zu schlagen, den wechselnden Witterungsbedingungen zu trotzen und bei den steilen Auf- und Abstiegen Vorsicht walten zu lassen. Dabei ist es nicht garantiert, dass man den Leuchtturm bereits beim ersten Versuch erreicht. A Highland Song lädt viel mehr dazu ein, mehrere Anläufe zu starten, dabei immer wieder neue Pfade und Story-Fragmente zu entdecken, die schließlich auch in verschiedenen Endsequenzen resultieren. Tatsächlich kommt hier im Ansatz ein Spielgefühl auf, wie man es zuletzt vor allem beim Kojima-Hit Death Stranding erlebt hat, in dem man sich bei den Transportgängen mit Sam Porter Bridges ebenfalls mit Bedacht durch die schroffe Wildnis bewegen, die Ausdauer im Auge und Schutz vor dem „Zeitregen“ suchen musste.

Stressfreie Erkundung mit Gute-Laune-Mix

Ganz so düster wie die Dystopie aus der Feder von Hideo Kojima geht es bei A Highland Song aber nicht zu: Dafür garantiert zum einen die malerische sowie mitunter farbenfrohe Kulisse, mit der die Wanderung durch die Highlands sehr ansprechend inszeniert und zu einem echten Augenschmaus wird. Zum anderen sorgen die eingestreuten Musikspiel-Abschnitte immer wieder für gute Laune, bei denen man die angezeigten Knöpfe im Takt der traditionellen Klänge drücken muss, die von den schottischen Folk-Bands TALISK und Forth Moon stammen. Doch auch der Originalsoundtrack von Laurence Chapman scheint mit seinen stimmungsvollen, aber eher ruhigen Arrangements immer genau den richtigen Ton zu treffen und liefert damit einen wunderbaren Kontrast zu den beschwingten Songs der Volksmusiker. 

Wörterbuch benötigt?

Musik hat bekanntlich den großen Vorteil, über Grenzen und Kulturen hinweg die beabsichtigten Emotionen auslösen zu können. Bei der Sprache stößt man dagegen wesentlich schneller an Barrieren – so auch hier: Zwar werden Untertitel geboten, um den zuweilen durchaus anspruchsvollen schottischen Dialekt der hervorragenden Sprecherin abzubilden, aber leider lässt sich A Highland Song (bisher) ausschließlich auf Englisch spielen – es gibt also keinerlei deutsche Lokalisierung weder in Text- noch Audioform. Wer des Englischen halbwegs mächtig ist, sollte sich dieses außergewöhnliche, fast schon einzigartige Erlebnis aber nicht entgehen lassen. The Highland Song ist eine wunderbare Liebeserklärung an Schottland, die Highlands und den Reiz der Erkundung, gepaart mit einer emotionalen Geschichte, die im Gedächtnis bleibt!

 Worum geht’s?

In A Highland Song schlüpft man in die Rolle des Mädchens Moira, das sich auf eine Wanderung durch die schottischen Highlands begibt. Ihr Ziel: Sie möchte zum ersten Mal in ihrem Leben das Meer sehen und sich an der Küste mit ihrem Onkel Hamish in einem Leuchtturm treffen. Im Rahmen der Erkundung erfährt man in Unterhaltungen und Dokumenten viel über die schottische Geschichte, aber lernt auch immer mehr über die eigene Familie. Aufgelockert wird die gefährliche 2D-Wanderung mit kleinen Musik-Sequenzen, in denen man die Knöpfe im Takt der Songs von schottischen Bands betätigen muss. 
          

A Highland Song ist geeignet für Spieler, die...

    • Schottland und die Highlands lieben
    • fragmentierte Erzählungen mögen
    • gerne erkunden


A Highland Song ist weniger geeignet für Spieler, die...

    • kämpfen und viel Action haben wollen
    • ohne Google Maps nicht überlebensfähig sind
    • kein Taktgefühl haben

Alternativen: 80 Days, Heaven’s Vault, Gone Home