Warner Bros. Games und die Netherrealm Studios bitten erneut zum Mortal Kombat und lassen Fäuste und Gedärme fliegen: Ist das Fighting Game wieder einen Kick wert?

 Name: Mortal Kombat 1
Genre: Fighting Game
Entwickler: Netherrealm Studios
Publisher: Warner Bros. Games
Plattform: PC, PS5 (getestet), Xbox Series X|S, Switch
Veröffentlichung: 19.09.2023
Preis:  ab 69,99 Euro

Mortal Kombat 1 ist zugleich Fortsetzung und Reboot der beliebten Prügelspiel-Reihe, die sich in der Vergangenheit vor allem durch eine imposante Kämpferriege, einen aufwendig inszenierten Story-Modus und die völlig überzogene Gewaltdarstellung ausgezeichnet hat. Schaffen die Netherrealm Studios einen Neustart mit frischen Impulsen, bei dem man gleichzeitig an bewährten Tugenden festhält? 

Alles zurück auf Anfang

Wir erinnern uns: Nach dem Sieg über Kronika hat Serien-Veteran Liu Kang am Ende des Vorgängers die Macht erhalten, die Zeit zurück zu drehen und das Universum nach seinem Willen neu zu gestalten. Wie das aussieht, bekommt man im Storymodus serviert, in dem erneut das Kampfsport-Turnier „Mortal Kombat“ im Mittelpunkt steht. Dort lassen bekanntlich das Erdenreich und die Außenwelt ihre Kämpfer gegeneinander antreten, um einen neuen Champion zu küren. Allerdings ist das blutrünstige Gemetzel vergangener Tage dank des Eingreifens von Kang einem vergleichsweise friedlichen Wettbewerb zwischen den Welten gewichen, in denen die Eingeweide im Körper und Köpfe auf den Schultern bleiben.

Aber keine Bange: Innerhalb der etwa vierstündigen Story-Kampagne lässt die erste von so einigen Wendungen nicht lange auf sich warten und schnell legen die Akteure ihre Samthandschuhe wieder ab, um mit spektakulären Kombos, fiesen Knochenbrechern inklusive Röntgen-Blick und den völlig überzogenen Finishing Moves in den liebevoll designten Arenen einmal mehr ein Blutbad sondergleichen zu veranstalten. Wie schon bei früheren Teilen fragt man sich häufiger, welchen Köpfen derart bekloppte, brutale, gleichzeitig aber erstaunlich kreative und irgendwie doch ziemlich kranke Ideen entsprungen sein könnten – und das nach mehr als 30 Jahren, in denen die Reihe bereits existiert. Die Hintergrundgeschichte ist ebenfalls von Wahnsinn geprägt, der den Trash-Faktor zwar massiv in die Höhe steigen lässt, aber genauso von Einfallsreichtum zeugt. So viel unterhaltsamen Blödsinn muss man sich erstmal ausdenken und dann tatsächlich auch so durchziehen! Lob gibt es außerdem für die professionelle und filmreife Inszenierung der Story, bei der z.B. auch Kinohits wie Indiana Jones gekonnt auf die Schippe genommen und Fans so manches Easter Egg entdecken werden. Tatsächlich gehört der Fokus auf die Story und der gewaltige Aufwand mit fesselnden Zwischensequenzen und tollen Sprechern (auch auf Deutsch!) immer noch zu den Alleinstellungsmerkmalen von Mortal Kombat im Genre der Fighting Games.     

Bewährte Klopperei mit Gastauftritten

Im Gegensatz zur Story haben die Entwickler in Sachen Mechanik auf einen großen Reset verzichtet, sondern setzen mit dem altbekannten Repertoire aus Schlägen und Tritten, Würfen und Kombos wie Spezialmoves in erster Linie auf ein vertrautes Spielgefühl, auch wenn das Tempo ein wenig hochgeschraubt wurde. Mit den so genannten Kameos wagen sie dennoch eine kleine Frischzellen-Injektion: Dabei kommt ein zuvor festgelegter „Gast-Star“ den Kämpfern auf Knopfdruck  zu Hilfe. Auch wenn es auf den ersten Blick wie ein Tag-Team-Modus wirkt, handelt es sich im Grunde genommen lediglich um eine Erweiterung des Repertoires und eine zusätzliche Taktik-Komponente, mit denen die Kämpfe etwas aufgepeppt werden. Darüber hinaus besitzen die Kameos allesamt ihre eigenen Finishing Moves. Dafür gibt es allerdings nicht länger wie im Vorgänger die verschiedenen Kampfstile pro Figur. 

Insgesamt finden sich 23 Kämpfer in der Auswahl, darunter meist alte Bekannte wie Scorpion, Sub-Zero, oder Kitana – weitere werden vermutlichen in den nächsten Wochen und Monaten als DLC folgen. Extras wie alternative Outfits oder den zweiten Finishing Move spielt man vor allem im neuen Modus „Invasions“ frei, der von der Darstellung an ein Brettspiel erinnert und zum Leidwesen mancher Fans die Krypta des Vorgängers ersetzt. Als besonderes Schmankerl warten in manchen Kämpfen Modifikatoren, bei denen Gegner z.B. eine Super-Rüstung tragen oder fliegende Dämonen für zusätzliche Gefahren sorgen. Das ist ein netter Zeitvertreib, der Spieler alle sechs Wochen mit neuen Inhalten versorgen soll und dabei vor allem wieder die Generation „Ich-brauche-ständig-Loot-mit-dümmlichen-Abstufungen“ bei der Stange halten soll. Allerdings scheint man bei Warner zumindest auf der PS5 die deutsche Lokalisierung in diesem Modus vergessen zu haben, denn geredet wird seltsamerweise nur auf Englisch.

Training zahlt sich aus

Sinnvoller erscheint mir der Trainingsmodus, in dem man all die Angriffe, Spezialmanöver und selbst die Finishing-Moves in aller Ruhe einstudieren kann, ohne sich in der Hektik die Finger zu verknoten. Denn spätestens im Kampf gegen echte Gegner aus Fleisch und Blut sollte man gut vorbereitet sein – sei es lokal oder bei Auseinandersetzungen über das Internet, die zwar meist reibungslos abliefen, aber je nach Verbindung auch schon mal von Lags geplagt sein können. Wer fit genug ist, kann sich sogar in Turnieren unter eSports-Regeln versuchen. Mag man es dagegen klassisch, kämpft sich solo in den Türmen nach oben, wie schon beim Erstling anno 1992.

Prächtige Schauplätze ohne Interaktionen

Technisch hat sich seitdem selbstverständlich viel getan. Und obwohl Netherrealm in Sachen Technologie hier nicht auf die hochmoderne Unreal Engine 5 setzt, sondern noch die Vorgänger-Version nutzt, erstrahlen die abwechslungsreichen und herrlich lebendigen Schauplätze in einer Qualität, wie man sie zuvor selten in einem Fighting Game erlebt hat. Hinsichtlich der Kulisse zählt Mortal Kombat 1 ohne Zweifel zu den beeindruckendsten Prügeleien – nicht nur innerhalb der Reihe, sondern des gesamten Genres. Die Animationen der Kämpfer können bei dieser Pracht leider nicht so ganz mithalten, denn vor allem bei Sprüngen und bei Luft-Attacken wirken viele der Bewegungen nicht sonderlich geschmeidig. Schade zudem, dass die Entwickler auch die Interaktionen mit der Umgebung gestrichen haben, die im Vorgänger noch akrobatische Einlagen und zusätzliche Angriffe mit Gegenständen erlaubt haben. Ein echter Schandfleck ist dagegen wieder die Einbindung der Mikrotransaktionen, mit denen man gegen echtes Geld Drachenkristalle für den Erwerb von kosmetischem Schnickschack kaufen und dabei selbst vereinfachte Ausführungen von Finishing Moves freischalten kann. Finish this!        

 Worum geht’s?

Nach den Ereignissen in Mortal Kombat 11 fungiert Mortal Kombat 1 quasi als Fortsetzung und Reboot zugleich. Die Story dreht sich daher um den Werdegang von Helden wie Raiden oder Johnny Cage, die im Kampfsport-Turnier das Erdenreich gegen die aggressiven Kämpfer der Außenwelt vertreten. Neben dem filmreif inszenierten Story-Modus kann man auch offline und online in Einzel-Matches die Fäuste schwingen, sich in Türmen an die Spitze prügeln oder sich in Turnieren versuchen. Als Neuerungen werden außerdem der Invasion-Modus mit Brettspiel-Aufmachung und die Einbindung von "Gast-Stars" geboten.          

Mortal Kombat 1 ist geeignet für Spieler, die...

    • zwischen Kämpfen viel Wert auf Story und Zwischensequenzen legen
    • gerne möglichst blutig und brutal austeilen wollen
    • schon immer Fan der Reihe waren


Mortal Kombat 1 ist weniger geeignet für Spieler, die...

    • ein Problem mit überzogener Gewaltdarstellung haben
    • sich keine Tastenfolgen einprägen können
    • viele Neuerungen vom Reboot erwarten  

Alternativen: Street Fighter 6, Tekken 7, Soul Calibur VI