The Quarry ist ein interaktiver Horrorfilm, bei dem das Spielziel darin besteht, eine Gruppe jugendlichen Betreuer vor den tödlichen Gefahren zu beschützen, die in einem abgelegenen Camp lauern. Während die Erkundung Licht hinter die mysteriöse Hintergrundgeschichte bringt, sind Entscheidungen und Reaktionstest der Schlüssel zum Überleben – oder der Weg in einen qualvollen Tod.

 Name: The Quarry
Genre: Survival Horror
Entwickler: Supermassive Games
Publisher: 2K Games
Plattform: PC, PlayStation 4, PlayStation 5 (getestet), Xbox One, Xbox Series X|S
Veröffentlichung: 10.06.2022
Preis: zwischen 60 und 80 Euro

Nach dem modernen PS4-Klassiker Until Dawn und den episodischen Horrorgeschichten in The Dark Pictures Anthology bleibt das britische Entwicklerstudio Supermassive Games bei seinem neuesten Werk den alten Wurzeln treu: The Quarry setzt ebenfalls auf eine cineastische Inszenierung mit mehr oder weniger bekannten Gesichtern aus Hollywood, vertraute Spielmechaniken und finstere Bedrohungen, die es auf Teenies abgesehen haben. Sorgt das Prinzip immer noch für Gänsehaut oder gelangweiltes Gähnen?

Das perfekte Horror-Szenario

Ein abgelegenes Camp am See, eine hormongesteuerte Gruppe jugendliche Betreuer und mysteriöse Angreifer, die in der Umgebung lauern – es ist das perfekte Horror-Szenario, das im ersten Moment an Kino-Klassiker wie Freitag, der 13. erinnert. Zwar gibt es im Einstieg bereits einen ersten Spannungsbogen rund um die Autopanne eines Pärchens im nächtlichen Nirgenwo, doch muss man sich nach dem anschließenden Zeitsprung ins Camp ziemlich lange gedulden, bis die Handlung endlich Fahrt aufnimmt und die unbeschwerte Erkundung im Stil von Life is Strange zunehmend dem dramatischen Überlebenskampf weicht, in dem Aktionen und mitunter hektisch getroffene Entscheidungen das Schicksal der neun spielbaren Figuren beeinflussen. 

Altbekanntes Spielprinzip

Wer die letzten Werke von Supermassive kennt, darf hier spielmechanisch keine großen Überraschungen erwarten: Wie gehabt beschränken sich die Aktionen auf die Erkundung von kleinen Arealen, Entweder-Oder-Entscheidungen (z.B. verstecken oder weglaufen) sowie eingestreute Reaktionstests und panisches Knopfgehämmer. Da man in den den Spannungsmomenten nicht wie früher die Taste passend zum abgebildeten Puls betätigen, sondern sie nur noch zum Luftanhalten konstant gedrückt halten muss, verlieren die Situationen an Dramatik. Gleiches gilt für die Reaktionstests, die nur noch rechtzeitige Eingaben über den rechten Analogstick erfordern und die restlichen Controller-Tasten außen vor lassen. Damit war das Risiko und damit der Anspruch in früheren Spielen deutlich höher, im Eifer des Gefechts eine falsche Aktion auszuführen. Darüber hinaus senkt eine weitere Änderung an der Spielmechanik die Anspannung: In The Quarry hat man die Möglichkeit, nach Fehlern das blutig inszenierte Ableben der Akteure bis zu drei Mal rückgängig zu machen und einen neuen Versuch zu starten, lebendig aus der Situation herauszukommen. Gar als Stilbruch habe ich die lustig gestalteten Erklärungsvideos im Zeichentrickstil empfunden.

Mehr Film als Spiel

The Quarry ist mehr Film als Spiel – mehr noch als in den vorangegangenen Horror-Titeln des Studios, deren Formel langsam aber sicher an Reiz verliert. Entsprechend wird man noch häufiger zum Zuschauer degradiert und folgt passiv den gut inszenierten Sequenzen, die immer wieder an einer unglücklich implementierten Tiefenschärfe leiden. Tatsächlich gibt es einen Spielmodus, in dem das Spiel endgültig in einen Film verwandelt wird, dessen Ausgang man im Vorfeld festlegen darf. Darüber hinaus kann man sich im lokalen Mehrspielermodus „Filmabend“ gemeinsam mit bis zu sieben Freunden dem Überlebenskampf stellen. In diesem Fall wird der Controller beim Figurenwechsel einfach an den entsprechenden Mitspieler weitergereicht. Der Online-Modus, in dem man kooperativ zu zweit und mitunter auf getrennten Pfaden das Camp erkundet, soll erst am 8. Juli mit einem kostenlosen Update zur Verfügung gestellt werden.

Im Vergleich zu Until Dawn von 2015 hat Supermassive Games deutliche Fortschritte bei den Figurenmodellen gemacht, die ihren realen Vorbildern wie David Arquette („Scream“), Lance Henriksen („Aliens“) oder Ariel Winters („Modern Family“) jetzt noch ähnlicher sehen, den Uncanny-Valley-Effekt sowie ein paar seltsame Übergänge bei Animationen und Mimik aber nicht ganz abschütteln können. Ärgerlich: Die Sprachauswahl zwischen der ordentlichen deutschen Synchro und den besseren englischen Originalsprechern lässt sich nicht über die Spieloptionen, sondern nur über die Spracheinstellung der Konsole vornehmen. Etwas fummlig präsentiert sich außerdem die Steuerung, wenn man Gegenstände untersuchen und die Figuren entsprechend genau positionieren muss.

Zu wenig Grusel und zu viele offene Fragen

Das größte Problem von The Quarry ist jedoch, dass es über weite Strecken schlichtweg nicht gruselig ist, keine besonders originellen Wendungen bietet und das Ende nach einer Spielzeit von etwa acht Stunden enttäuscht. Denn es wird nicht auf die weitere Geschichte der Überlebenden und deren Beziehungen zueinander nach der langen Horror-Nacht eingegangen, sondern stattdessen mit einem fiktiven Schwurbler-Podcast im Abspann langweilt. Laut Aussagen der Entwickler gibt es zwar über 180 verschiedene Endsequenzen, aber die Lust auf einen weiteren Anlauf hält sich nach dem erstmaligen Durchspielen in Grenzen.

Wer bisher noch keine Werke von Supermassive Games kennt oder der altbekannten Formel immer noch etwas abgewinnen kann, findet in The Quarry einen durchaus unterhaltsamen interaktiven Horrorfilm, der inhaltlich aber nicht an Until Dawn heran reicht und sich hinsichtlich Spielmechanik sogar als Rückschritt erweist. Führten dagegen schon die Ausflüge in die Dark Pictures Anthology eher zu Gähn-Anfällen statt Gänsehaut, sollte man einen großen Bogen um The Quarry machen.

 Worum geht’s?
The Quarry ist ein interaktiver Horrorfilm, bei dem das Spielziel darin besteht, eine Gruppe jugendlichen Betreuer vor den tödlichen Gefahren zu beschützen, die in einem abgelegenen Camp lauern. Während die Erkundung Licht hinter die mysteriöse Hintergrundgeschichte bringt, sind Entscheidungen und Reaktionstest der Schlüssel zum Überleben – oder der Weg in einen qualvollen Tod.

The Quarry ist geeignet für:
• Spieler mit einem Faible für interaktive Filme mit wenig Spielelementen
• Überlebenskämpfer mit Verständnis für Teenie-Probleme
• alle, die Horror auch gerne gemeinsam erleben wollen

The Quarry ist weniger geeignet für Spieler, die...
• diese Art des interaktiven Horrors mittlerweile zu oft erlebt haben
• lieber aktiv interagieren und weniger passiv Filmsequenzen schauen wollen
• ein aufschlussreiches Ende erwarten

Alternativen: Until Dawn, The Dark Pictures Anthology, Life is Strange