Mit Samba de Amigo: Party Central versucht sich Sega an der Wiederbelebung seines kultigen Musikspiels, das Ende der Neunziger mit innovativen Maracas-Controllern und flotten Latin-Rhythmen für Partystimmung sorgte. Geht der Samba-Spaß jetzt auf der Switch weiter?
Sega Dreamcast wird zur Party-Konsole
Mit der Umsetzung des Spielhallen-Automaten Samba de Amigo verwandelte Sega sein Dreamcast im Jahr 2000 endgültig in eine Party-Konsole. Das Spielprinzip war genauso simpel wie fesselnd: Statt des normalen Controllers hielt man zwei Hightech-Maracas in den Händen und musste die Rasseln im Takt der Latin-Rhythmen schütteln, wenn die kleinen Kugeln auf dem Bildschirm die sechs rundförmig angeordneten Kreise auf dem Spielbildschirm erreichten. Dank Infrarotsensoren in den Maracas-Controllern und Sensoren in der Bodenleiste war das Spiel in der Lage, auch die Höhe zu registrieren. Bewegten sich die Kugeln zu den Kreisen nach oben mussten die Rasseln also in die Höhe gestreckt werden, umgekehrt ging es bei den unteren Kreisen in die Knie. Zwischendurch mussten außerdem die abgebildeten Posen imitiert werden.
Vor allem im Zweispieler-Modus war Samba de Amigo damals ein ganz großer Partyspaß und die Playlist ganz große Klasse! Unter den Songs befanden sich u.a. Klassiker wie Samba de Janeiro, La Bamba und Tequila sowie spezielle Versionen von Pop-Hits wie Take on Me von A-Ha – hier kam echtes Latin-Feeling mit einer Gute-Laune-Garantie auf. Der einzige Spaßverderber war der Preis: Zunächst nur als Import erhältlich, musste man später auch für die PAL-Version etwa 400 DM für das Paket aus Spiel und Maracas zahlen. Für einen Mitspieler war außerdem ein zweites Paar Maracas fällig, das teilweise günstiger von Drittherstellern angeboten wurde. Selbst heute muss man noch viel Geld hinlegen, um eine der recht seltenen Dreamcast-Komplettpakete von Samba de Amigo zu ergattern, denn unter Sammlern sind Spiel und Controller begehrt.
Cooles Samba-Revival?
Deutlich günstiger kommt man jetzt beim Revival der Marke auf Switch weg, denn ab 39,99 Euro erhält man die Standardversion sowohl digital als auch physisch, kann die Songliste aber selbstverständlich durch Zukäufe erweitern. Doch schon standardmäßig bekommt man eine Auswahl aus 40 Hits verschiedener Genres und Jahrzehnte. Mit dabei sind u.a. Break Free ft. Zedd (Ariana Grande), You Give Love a Bad Name (Bon Jovi), Just Dance (Lady Gaga), Karma Chameleon (Culture Club) sowie I Love It von Icona Pop. Die Playlist präsentiert sich also vornehmlich poppig-rockig-modern und abwechslungsreich, aber Fans werden sicher die eher auf Latin getrimmten Songs des Originals vermissen. Lediglich The Cup of Life von Ricky Martin, Macarena, Vamos a Carnaval und La Bamba sind als letzte Überbleibsel weiterhin vorhanden, um das alte Samba-Flair zu entfachen. Das Fehlen von Samba de Janeiro schmerzt jedoch besonders, weil der Hit von Bellini damals wie die Faust aufs Auge zum Spiel (und dessen Namen) gepasst hat. Diesbezüglich war selbst die eher verkorkste Wii-Version von Gearbox Software („Borderlands“) aus dem Jahr 2008 musikalisch näher dran am Original, doch hatte die Fassung leider mit großen Problemen bei der Bewegungserfassung zu kämpfen, die sich auch negativ auf den Spielspaß ausgewirkt hatten.
Joy-Cons als Maracas
Auch auf der Switch läuft diesbezüglich nicht alles optimal: Das liegt zum einen daran, dass es hier im Gegensatz zum Original keine blauen Ringe gibt, die schon vor dem Schütteln die aktuelle Position der Joy-Cons anzeigen. Zum anderen ist die Kalibrierung für die Audio-Video-Synchronisation eine mittlere Katastrophe. Denn anstatt wie in anderen Spielen die perfekte Einstellung über einen kleinen Test zu ermitteln, darf man hier lediglich Zahlenwerte im Menü ändern und muss dann probieren, ob es passt.
Obwohl die Steuerung präziser ausfällt als seinerzeit auf der Wii, hat man trotzdem oft das Gefühl, mit einem ständigen Dauer-Geschüttel erfolgreicher zu sein als beim Versuch, tatsächlich im Takt zu spielen. Die unteren Position haben bei mir in der Erfassung dagegen immer wieder Probleme bereitet. Was tatsächlich ein bisschen geholfen hat: Ich habe mir Plastik-Maracas angeschafft, in die man die Joy-Cons einfach hinein steckt. Sie sorgen mit ihrem Rasseln nicht nur für ein authentischeres Shaker-Erlebnis, sondern haben für mich auch intuitiv die Haltung verbessert und damit die Präzision beim Spielen erhöht. Die Aufsätze sind zu Preisen zwischen 15 und 24 Euro erhältlich und eine Empfehlung wert. Alternativ gibt es noch die spaßbefreite Variante ohne Bewegungssteuerung, in der man einfach auf Knopfdruck und mit den Analogsticks spielt.
Spielmodi für Solisten, Verliebte und Partygänger
In Sachen Spielmodi bietet das Rhythmusspiel den Zugriff auf alle Songs, an denen man sich alleine in den vier Schwierigkeitsstufen von normal bis verrückt versuchen darf – sei es in einem normalen Durchgang, einer Ranglisten-Herausforderung oder im Training. Ist eine Mitspielerin oder ein Mitspieler vorhanden, geht’s zum Modus „Party im Duett“. Hier wartet nicht nur das Rhythmusspiel für zwei Samba-Fans, sondern auch ein Showdown-Duell um die Gunst des Publikums und der beliebte Liebestest, der schon in der Dreamcast-Version vorhanden war und möglichst synchrone Aktionen der beiden Akteure erfordert. Darüber hinaus erhält man direkten Zugriff auf die Mini-Rhythmusspiele, die auch in den normalen Stages per Zufall eingebaut werden, wenn man eine bestimmte Kugel richtig trifft. Dabei gilt es z.B. mit einem Baseballschläger die heran fliegenden Bälle zu treffen, vorgegebene Bewegungen zu imitieren oder High-Fives abzuklatschen.
Abonnenten von Nintendo Switch Online haben zusätzlich die Möglichkeit, mit einer Rasselbande aus bis zu vier Leuten zu spielen oder sich in einer „Weltparty“ einem Überlebenskampf gegen sieben Gegner zu stellen. Stehen nicht genügend Mitspieler zur Verfügung, nehmen einfach Bots ihren Platz ein. Einen Hauch von „Kampagne“ versprüht der Modus StreamiGo!, in dem man insgesamt 80 Missionen erfolgreich abschließen muss, um neue Follower zu gewinnen. Manche dieser Herausforderungen stehen allerdings nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung und werden durchrotiert. Als Belohnung winken Münzen, die man im Shop für das Freischalten von Outfits, Maracas-Varianten, Soundeffekte und Spielfiguren einlösen kann. Zum Glück lässt sich der Kontostand nicht durch Mikrotransaktionen aufpeppen. Allerdings werden für echtes Geld DLC-Musikpakete für jeweils 4,99€ und ein Deluxe Upgrade Pack für 11,99 Euro angeboten, das neben besagten Musikpaketen auch diverse Kostüme und Accessoires enthält.
Tanze Samba mit mir!
Insgesamt kann Samba de Amigo: Party Central zwar weder bei der Songauswahl noch bei der Steuerung mit dem kultigen Original mithalten. Trotzdem ist es schön, dass Sega das fröhliche Äffchen Ai-Ai und seine Freunde aus der Versenkung zurückgeholt hat, um sie wieder tanzen und die Rasseln schwingen zu lassen. Als Party-Musikspiel sorgt Samba de Amigo trotz der leichten Einbußen immer noch für jede Menge Spaß und neben der Musik sorgt ist auch die knallbunte Optik ein Garant für gute Laune. Und das Beste: Man muss nicht länger hunderte von Euro ausgeben, um sich durch das stimmungsvolle Samba-Fest zu rasseln!