Ihre Namen klingen hip. „Herr Anton“, „Dein Brudi“ - irgendwie lustig. Aber hinter dem coolen Spruch stecken schnöde Apparate. Verkaufs-Automaten. Sie schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Selbst in der Koblenzer Innenstadt gehören sie mittlerweile zum Alltag. Wo früher mit Tante-Emma-Läden, Bäckereien und Metzgereien das Koblenzer Einkaufsleben tobte, bedienen wir uns jetzt automatisch.

von Dirk Hoeren

Sie bieten alles von A wie Alkohol bis Z wie Zigaretten. Sogar Schwangerschaftstests und Sex-Spielzeug sind im Angebot. Der Werbespruch ist Programm: „Immer. Einfach. Alles. Kaufen.“ Selbst die Eisdiele auf dem Jesuitenplatz bedient schon per Automat.

Und das - wie es neudeutsch chic heißt - 24/7. Also rund um die Uhr. An allen Tagen der Woche. Waren das noch Zeiten, als wir uns beim Einkaufen an den strikten Ladenschluss halten mussten. Samstags um 14 Uhr war Schluss mit Shopping. Da ließen die Geschäfte die Rollläden runter - egal wie dringend wir noch was fürs Wochenende brauchten. 

Selbst auf dem Land ist der Automatismus des Einkaufs angekommen. An der Mosel gibt es Wein-Automaten, in der Eifel Eier, Gemüse, Wurst in Selbstbedienungs-Apparaten. Lust auf ein Spontan-Grillen am Sonntag? Kein Problem: An vielen Tanken können sich die BBQ-Anhänger schon Steaks und Würstchen ziehen.

Dabei ist die Idee der Lebensmittel-Automaten gar nicht neu. Genauer gesagt: Sie ist alt, uralt sogar. Schon 1903 eröffnete in der Koblenzer Löhrstraße das „Kaiser-Automaten-Restaurant“ (hieß wirklich so). Es blieb bis Ende der 30er Jahre. Aus verschnörkelten Apparaten konnten sich die Gäste für ein paar Groschen Lebensmittel, Süßigkeiten, Getränke ziehen. Werbespruch - auch heute noch uneingeschränkt gültig: „Bediene Dich selbst - Kein Trinkgeld“.

Damals eine Sensation, heute Alltag. Und: Hand auf’s Herz, inzwischen wollen wir den Rund-um-die-Uhr-Einkauf nicht mehr missen. Egal ob Online-Shopping oder Automaten-Kauf. Wir haben uns längst daran gewöhnt, dass alles zu jeder Uhrzeit verfügbar ist. Kein Wunder, dass die traditionellen Läden da nicht mithalten können. 

Wer mit offenen Augen durch die Einkaufsstraßen von Koblenz schlendert, kann ein Lied davon singen. Leer geräumte Ladenlokale. Selbst alteingesessene Geschäfte dicht. Große Plakate in den Schaufenstern: „Provisionsfrei zu vermieten“. Dafür Handy-Shop an Handy-Shop, Billig-Klamotten-Laden an Billig-Klamotten-Laden. Heute geöffnet, morgen wieder dicht.

Waren das noch Zeiten, als selbst in der Altstadt Lebensmittel-Geschäfte ihre Waren anboten. Drinnen stand meist die ganze Familie, bediente die Kunden. Tratsch und Klatsch inklusive. Wer erinnert sich noch an die Lebensmittelabteilung im Kaufhof-Kellergeschoss, die einen Hauch von KaDeWe-Luxus umwehte. Und heute: Hangelt sich der inzwischen mehrfach insolvente Galeria-Konzern von Insolvenz zu Insolvenz. Man möchte sich nicht ausmalen, was der Verlust dieser Einkaufs-Institution für die Koblenzer Innenstadt bedeuten würde.

Vielleicht ist es besser, wenn wir beim nächsten Spontan-Einkauf nicht automatisch zum Automaten gehen . . .