Dr. Lea Ackermann, eine herausragende Frau im Nachkriegsdeutschland, hat ihr Leben dem Kampf gegen Zwangsprostitution und für die Würde der Frauen gewidmet. Ihr unermüdlicher Einsatz für Menschenrechte und ihre Gründung der Frauenrechtsorganisation SOLWODI markieren ihr beeindruckendes Lebenswerk.

Am 31. Oktober ist Schwester Dr. Lea Ackermann im Alter von 86 Jahren in Trier verstorben. Sie gehört zu den herausragenden Frauen im Nachkriegsdeutschland. Ihr ganzes Leben war geprägt vom Kampf gegen gesellschaftliche Missstände, vom Einsatz gegen Zwangsprostitution und für die Würde der Frauen.

Den Vorsitz der von ihr 1985 im kenianischen Mombasa gegründeten Frauenrechtsorganisation SOLWODI hat sie 2020 in jüngere Hände übergeben. Und gleichzeitig die „Lea Ackermann Stiftung“ gegründet. Kindern im Elend zu helfen, war die Idee. Ohne eine Aufgabe konnte sie auch im hohen Alter nicht sein. „Als Missionsschwester habe ich viele Jahre in Afrika gearbeitet und dort das Elend der Kinder erlebt. Ihnen ein wenig zu helfen, das soll die Aufgabe für den Rest meines Lebens sein“, sagte sie.

Aus ihrem Fenster im Büro in Hirzenach ging ihr Blick hinunter auf den Rhein, der Symbolkraft für ihr Leben hatte. Gegen den Strom schwamm sie ein Leben lang. Geboren wurde sie am 2. Februar 1937 in Völklingen, ihre Kindheit vebrachte sie im saarländischen Klarenthal.  Banklehre bei der saarländischen Landesbank und angestellt als Bankfrau in Paris und Saarbrücken. Dann 1960 Eintritt in die Gemeinschaft „Missionsschwestern unserer lieben Frau von Afrika“. Theologische Studien in Toulouse und in München schließen sich an. Pädagogik, Psychologie und Theologie studiert sie in München und promoviert. Dozentin für Sozialpädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt wird sie.1967 lernt sie Afrika, ihre große Liebe, kennen. Für fünf Jahre geht sie nach Ruanda, wird Leiterin einer Schule zur Ausbildung von Lehrerinnen.  Später schickt sie der Orden für ein Jahr nach Rom und 1985 nach Mombasa (Kenia). Sie hat ihre Aufgabe und ihr Ziel gefunden. Hier wird sie mit einer Lebenswirklichkeit konfrontiert, die sie rebellieren lässt. Junge Mädchen und Frauen werden zur Prostitution gezwungen, der Sextourismus widert sie an.  

1985 gründet sie in Mombasa SOLWODI. Solidarität mit Frauen in Not wird ihre Lebensaufgabe. Es ist ein Ausstiegsprojekt für kenianische Frauen und Mädchen aus der Elendsprostitution. Kenia wird ihr Herzensanliegen bleiben. 1987 kommt sie nach Deutschland, um jetzt auch hier SOLWODI zu gründen. Der Sitz wird Boppard.  Es entstehen Beratungsstellen mit Schutzwohnungen. Später wird sie sich auch der Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan annehmen.

Viele Bücher hat sie zu dem Thema geschrieben. 2017 ist ihre Biografie unter dem Titel „Der Kampf geht weiter“ erschienen. Keine andere Überschrift würde besser zu ihr passen. 2021  veröffentlichte sie das neue Buch mit dem Titel „Das ist der Gipfel“. Zusammen mit Prof. Dr. Michael Albus, der zwei Jahrzehnte Leiter der Hauptredaktion „Kirche und Leben“ beim ZDF war, hat sie es geschrieben. Viele Vorträge und Reden hat sie gehalten, Aufsätze geschrieben. Es geht immer nur um ein Thema: um die Würde der Frauen und Kinder in dieser Welt.

Bedeutende Ehrungen wurden Lea Ackermann zuteil: herausragend ist das Große Bundesverdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. „Frau Europas“ wurde sie 1997, der Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz, der Kettelerpreis für sozialpolitisches Engagement, die Ehrendoktorwürde der Universitäten Luzern und Erfurt und der Augsburger Friedenspreis folgen. Es ist nur eine Auswahl.

Klug und kämpferisch, teilweise unnachgiebig, aber immer den Menschen zugewandt, das war ihr Leben. Ordensfrau wollte sie werden. Aber auch kritisch gegenüber ihrer Kirche bleiben.

Die Kinderstiftung war die letzte große Aufgabe ihres Lebens. Und jeden Tag hat sie für diese Idee gestritten. Auf ihre eigene Art: kämpferisch, manchmal auch stur, aber immer leidenschaftlich und der Sache verschrieben.

Ordensfrau, Sozialarbeiterin und ein streitbarer Geist war sie. Unbeugsam, wenn es um Themen wie Prostitution und die Verletzung der Würde von Frauen ging. Zu ihrem Gott gewandt hat sie immer gesagt „Ich kümmere mich um Deine Töchter, lass Du mich ja nicht im Stich“. Jetzt ist sie tot, die große, kluge Dame, eine Ordensfrau, die inmitten einer Welt der Unzulänglichkeiten so viel gegeben hat und die vieles zum Besseren verändern konnte.