Es ist Zeit, über den Meister der Unscheinbarkeit zu sprechen. Er stammt aus Irland und ist der Kopf der 1990 gegründeten VNV Nation. Sein Name: Ronan Harris.

von Friedrich W. Dittmann

Es ist Zeit, über den Meister der Unscheinbarkeit zu sprechen. Er stammt aus Irland und ist der Kopf der 1990 gegründeten VNV Nation. Sein Name: Ronan Harris.

Da wir uns mehrfach geoutet haben, ist bekannt, dass das Lieblingsfestival von Willy, meinem Kater, und mir das Mera Luna in Hildesheim ist. Wir lieben Gothic Musik und die herrliche Verkleidung und Bemalung der Fangemeinde.

Es war im Sommer 2019. Mera Luna an einem lauschigen Abend. Am Himmel Abendrot, ansonsten schon ziemlich dunkel. Auf der Bühne Scheinwerferlicht und erste Klänge von Synthesizern. Da stand er für einen kurzen Moment, blickte in die Menge von gut 20.000 Menschen und dann lief er los von rechts nach links und zurück, pausenlos durch den kompletten Auftritt.  Zurück zum Mikro, um mit dem Gesang zu beginnen.

Ein kleiner dicker Mann, mit Glatze und dünnem Schnurrbart. Gekleidet wie ein Schüler im H&M Kurzarmhemd, so gar nicht im Style der Mera Luna Leute. Die Älteren dachten sofort an Heinz Rühmann. Zum Verwechseln ähnlich und genauso freundlich. Hinter ihm zwei Keyboarder und ein Drummer im Stehen, der ständig hinter seinen Elektro-Drums tänzelte.

Ein Soundgewitter mit Elektropop. Feine Melodien mit eindringlichen Texten. Häufig nervt der eintönige Beat. Manchmal wie Kraftwerk nur auf deutlich höherem Level. Die Leute waren begeistert.

Willy und ich hätten den Auftritt als gelungen verbucht, wenn nicht im letzten Drittel etwas Außergewöhnliches passiert wäre. Stille: Nach einem leisen Intro auf dem Synthesizer begann Ronan mit trauriger Stimme ein Lied namens Nova zu singen. Überall das Licht von Handytaschenlampen. Eine unglaubliche Atmosphäre. In der Mitte der Bühne der kleine Mann mit Tränen in den Augen:

I long to feel my heart burned open wide. ′Til nothing else remains.

Lay me down and wash this world from me.

Und später im Chorus:

Shine, shine your light on me. Illuminate me, make me complete. Lay me down and wash this world from me. Open the skies and burn it all away. 'Cause I′ve been waiting. All my life just waiting.

Seinem Gesicht war anzusehen, hier singt keiner über Verspätung, sondern jemand der von der Dark Side of the Moon kommt. Jemand, der auf dem Bahnsteig steht und sieht, wie alle Züge ohne ihn abfahren.

Unbedingt ansehen und anhören auf YouTube. Die Alben Electric Sun, Noire und Automatic sollte man im Schrank haben.